Besuch bei Waldtraut
Veröffentlicht: 11. September 2022 Abgelegt unter: Skurriles, Besinnliches, Vermischtes, Tagebuch Hinterlasse einen KommentarIch hatte schon vor Jahren von Waldtraut gehört. Daß es sich bei ihr um eine stattliche Erscheinung handeln soll. Allerdings kannte ich weder ihren Namen noch ihren Wohnort. Ich wußte allerdings, daß sie und Ihresgleichen bei grünen Aktivisten verhasst sind. Waldtraut ist nämlich nicht von hier. Und obwohl die Grünen sonst jeden Zuwanderer frenetisch begrüßen… nein, aber nicht bei Waldtraut. Nach grüner Denke gehört sie nicht hierhin. Diese ungerechte Diskriminierung habe ich schon an anderer Stelle beklagt: https://briefe-von-bernd.blog/2012/09/23/greenpeace-mordet-baumbabys-haben-die-noch-alle-auf-dem-christbaum/
Vor einigen Wochen begegnete ich endlich Waldtraut. Es war auf einer Städtetour ins schöne Freiburg. Unweit davon ist der herrliche Aussichtspunkt Schauinsland und auf der Internetseite des Touristikbüros fand ich den Hinweis, daß dort in der Nähe Waldtraut zu finden sei. Waldtraut, der höchste Baum Deutschlands. Eine Douglasie, stattliche 67 Meter hoch. Als ich vor 12 Jahren Kurse bei der Waldbauernschule in Kelheim besuchte, wurde sie noch als namenloser höchster Baum Deutschlands mit gerade 62 Metern angegeben.
Angeblich sollte Waldtraut leicht zu finden sein. Die Haltestelle der Buslinie auf der Schauinslandstraße war im Hinweis angegeben; dort sollte sich ein Parkplatz finden, von dem ein Wanderpfad ausgeschildert sei. Nichts von alledem! Wir klingelten an einem Haus an der Straße um nach dem Weg zu fragen. Wir hatten Glück, wir waren bei einer Försterfamilie gelandet die uns den verzwickten Weg ziemlich genau beschreiben konnte. Und so kamen wir über Stock und Stein strammen Schrittes durch den dunklen Wald nach einer halben Stunde endlich zu Waldtraut.
Ehrlich gesagt: Ich hatte mir Waldtraut stämmiger vorgestellt. Bei einer Höhe von 67 Metern hatte ich einen Stammdurchmesser von etwa 2,5 Metern erwartet. Damit hätte Waldtraut in etwa in den relativen Proportionen der deutlich größeren amerikanischen Redwoods entsprochen, die bei über 100 Metern Höhe etwa 5 bis 6 Meter Stammdurchmesser aufweisen. Aber während die Reedwoods viele Jahrhunderte auf dem Buckel haben, ist Waldtraut beinahe kindlich: Gerade mal hundert Jahre und in ihrer jugendlichen Frische gertenschlank: etwas über einen Meter Stammdurchmesser. In Hanglage und dichter Pflanzung streben die um das Licht konkurrierenden Bäume nach oben. Waldtraut ist nämlich nicht allein. Um sie herum jede Menge Artgenossen. Aber wir können hoffen: Wie bei betagten Damen so üblich, wird auch Waldtraut noch Hüftgold ansetzen. – Wie uns erklärt wurde, ist Waldtraut aber noch längst nicht ausgewachsen: Derzeit legt sie jährlich etwa 30 cm an Höhe zu.
Fazit: Es war ein erhebendes Gefühl, den höchsten Baum Deutschlands zu sehen und berühren zu dürfen. Hoffen wir, daß Waldtraut noch ein langes Leben beschieden ist. Laut Wiki beträgt die Lebenserwartung bis zu 600 Jahre.
Übrigens: Der größte derzeit bekannte Baum auf diesem Planeten ist eine fossile Douglasie mit über 130 Metern. Ob Waldtraut das schaffen wird?
Das fragt sich Euer Bernd