Getreten, geschlagen, bespuckt: Aus dem Alltag einer Rettungsassistentin

Mit den Schattenseiten unserer „Willkommenskultur“ werden zuerst jene konfrontiert, die von Berufs wegen mit den Neuankömmlingen zu tun haben und oft genug Demütigungen erfahren, von denen unsere Medien, wenn überhaupt, nur sehr dosiert und ausgewählt berichten.

Den nachfolgenden Erlebnisbericht erhielt ich von der Tochter einer befreundeten Familie aus dem bayerischen Oberland. Sie hatte nach dem Vorfall Anzeige erstattet, das Verfahren wurde eingestellt. Hier nun die Geschichte:

„Im Sommer 2016 wurden wir wegen einer nicht näher definierten Schlägerei alarmiert. Alamiert waren ein RTW (Rettungswagen) und auch die Polizei.

Mit dem Rettungswagen waren wir noch vor der Polizei am Einsatzort. Bei unserem Eintreffen wiesen uns bereits einige sehr aufgeregte Passanten ein und erklärten, es läge jemand bewusstlos am Boden und dieser wäre geschlagen worden. Sie hätten Schlimmeres verhindert. Tatsächlich stand dann auf einer Nebenstraße, in einiger Entfernung zu den Anwohnern, eine Gruppe von etwa zehn bis zwölf Männern mit südländischem Aussehen. Am Boden war eine liegende Person zu erkennen.

Wir versuchten uns zunächst ein Bild der Lage zu machen. Sowohl von Seiten der Passanten, als auch von Seiten der Asylbewerber (das hatten wir inzwischen herausgefunden) stellte sich die Situation etwas verworren dar. Offensichtlich waren aber die Asylbewerber (nur Männer im Alter von ca. 18 -35) auf dem Heimweg vom Einkaufen. Fast alle waren deutlich alkoholisiert  untereinander in Streit geraten. Einer von ihnen hatte den ebenfalls betrunkenen  Mohammed A. (Name geändert)  getragen oder gestützt. Im Verlauf des Streits war er wohl hingefallen. Möglicherweise wurde er auch gestoßen oder sackte in der Rangelei zusammen. Ob der am Boden liegende noch getreten wurde, das konnte nicht genau festgestellt werden. Deutlich sichtbar hatte er blutende Wunden am Kopf und im Gesicht.

Die Anwohner berichteten, daß die Gruppe der alkoholisierten Asylbewerber deutlich aggressiv und laut auf der Straße unterwegs waren. Sie hätten versucht den Streit zu schlichten und zu helfen, hätten sich dann aber auf Grund der Aggressionen zurückgezogen und die Polizei verständigt.

Da ich die verantwortliche Rettungsassistentin bei diesem Einsatz war, ging ich zu dem am Boden liegenden Asylbewerber und sprach ihn an. Dies ist das gängige Schema nach dem wir arbeiten, wenn wir eine vermeintlich bewusstlose Person auffinden. Er zeigte keine Reaktion. Weiter fasste ich ihn an den Schultern und schüttelte ihn leicht. Keine Reaktion. Um nun letztendlich den Bewusstseinszustand zu prüfen und festzustellen, ob er wirklich tief bewusstlos sei, setzte ich bei ihm einen Schmerzreiz. Daraufhin hob der vermeintlich Bewußtlose den Kopf, sah mir ins Gesicht und spuckte mir seinen sämtlichen Rachen-, Hals-, Nasen- und Mundinhalt mehrere Male ins Gesicht.

Mein Kollege hatte von dieser Spuckattacke nichts mitbekommen. Gesehen haben es aber definitiv einige der umstehenden Asylbewerber, die dann sehr aggressiv wurden, als ich ungehalten auf diese Unverschämtheit reagierte.  Zusammen mit meinem Kollegen brachten wir den Patienten in das Innere des Rettungswagens, da einige der Umstehenden aggressiv mir gegenüber wurden, als sie merkten, dass mein Auftreten nun nicht mehr so freundlich und hilfsbereit wie zu Beginn war. Die Polizei war inzwischen auch eingetroffen und versuchte, sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Auf der Trage im RTW versuchten mein Kollege und ich den Patienten zu untersuchen und ihn nach weiteren Verletzungen zu befragen, die dieser jedoch meiner Ansicht nach sehr bewusst blockierte oder nicht kooperierte. Er wehrte sich gegen fasst alles, wollte oder  konnte nicht mit uns sprechen (der deutschen Sprache war er nach Angaben seiner Freunde nicht mächtig); tat stattdessen immer das Gegenteil und spuckte weiter durch den Rettungswagen. Nach Feststellung von Personalien und Absprache mit der Polizei und unter den Augen der sichtlich schockierten Anwohner ging es ins Krankenhaus zur Notaufnahme. Dort wiederholte sich das Verhaltensmuster: Keine Kooperation, Spucken, Schlagen, Treten und Unverschämtheiten gegenüber den Mitarbeitern. Weiter ging es in die  Intensivstation zur Überwachung und Ausnüchterung.

Tägliche Vorfälle und Kontakt mit Gewalt, Beleidigung und nicht angemessenem Verhalten

Ich selbst hatte nur dieses eine Mal mit genau diesem Asylbewerber zu tun. Ich weiß allerdings von einem Kollegen,  dass dieser ihn stark alkoholisiert einige Wochen später am Straßengraben liegend aufgefunden hatte, nachdem Autofahrer die Polizei verständigt hatten. Und auch da kam es wieder zu Beschimpfungen und Tritten: gegen Rettungsdienstpersonal sowie gegen die Polizeibeamten. Bisher wurde er meines Wissens insgesamt viermal von uns in ein Krankenhaus transportiert innerhalb eines Jahres.

Meine Strafanzeige Anzeige verlief für mich unverständlicherweise im Sande. Die Einstellungsverfügung war nicht einmal persönlich, sondern maschinell von der Staatsanwältin unterschrieben: der Beschuldigte sei auf Grund eines Alkoholspiegels von 2,9 Promille nicht schuldfähig und könne sich nach eigenen Angaben an den Tattag nicht erinnern. Die Spuckattacke wurde zudem nur als Beleidigung, nicht als Körperverletzung Trunkenheit nicht schuldfähig.

Ich kann nicht genau sagen, wie lange sich Mohammed A. schon hier in Deutschland aufhält. Zu dem Zeitpunkt, als ich ihn „kennenlernen durfte“, hatte er nur noch etwa einen Monat Aufenthaltsgenehmigung; diese wurde aber offensichtlich verlängert. Er kommt nach Angaben seines Ausweises aus Afghanistan und ist 19 Jahre alt.

Leider ist es nach meinen Erfahrungen so, dass derartige Vorfälle bei den Kollegen viel zu oft unter den Tisch gekehrt und entschuldigt werden und es selten zu einer Strafverfolgung kommt. Wir lassen uns da in meinen Augen viel zu viel gefallen. Oder anders ausgedrückt: der Gesetzgeber schützt uns nicht genügend und steht nicht hinter Rettungsdienstmitarbeitern, Polizeibeamten, Feuerwehrleuten, etc.. Eher noch müssen wir uns rechtfertigen, warum es soweit gekommen ist. Und wieder wird hier ein Opfer zu einem Schuldigen. Aber nicht nur Asylbewerber, sondern auch andere „Mitbürger“ sind da auffällig. Aus meiner beruflichen Erfahrung, als auch von Schilderungen durch Kollegen kann ich jedoch gehäuft feststellen, dass männliche Asylbewerber (ich selbst hatte auch schon einige Vorfälle mit Afrikanern) sehr leicht ungehalten und aggressiv reagieren und auffallend oft ein besonders respektloses und forderndes Verhalten sowie eine hohe Erwartungshaltung zeigen. Besonders wenn Frauen in Form von Rettungsdienstpersonal als Teamleader auftreten, den weiteren Ablauf des Einsatzes bestimmen, Entscheidungen treffen und die Situation nicht nach ihrem Wunsch verläuft.

Ich selbst wurde mit meiner Kollegin nachts um 4 Uhr von einem „Klienten“ als „Fucking German Bitch“ und „Nazi Sch…“ beschimpft, weil wir ihn nicht wegen eines seit drei Tagen juckenden Mückenstichs mit ins 600 m entfernte Krankenhaus genommen hatten. Körperliche Gewalt ist glücklicherweise nicht so häufig, aber Beschimpfungen, respektloses und unverschämtes Verhalten sind an der Tagesordnung. Soweit ich weiß, bin ich aber die Einzige im Kollegenkreis, die so einen Vorfall überhaupt zur Anzeige gebracht weil wir ihn nicht mit ins Krankenhaus genommen hatten. Körperliche Gewalt ist glücklicherweise nicht so häufig, aber Beschimpfungen sind an der Tagesordnung. Soweit ich weiß, bin ich aber die einzige bei meinen Kollegen, die so einen Vorfall zur Anzeige gebracht hat.

Ohne jeglichen Erfolg

Den einzigen Nachteil an dieser ganzen Angelegenheit hatte/ habe letztendlich ich selbst: in regelmäßigen Abständen muss ich mich im Krankenhaus einer Blutuntersuchung unterziehen, um eine mögliche Ansteckung durch den Kontakt mit Blut und Speichel auszuschließen.

Trotzdem war es in meinen Augen richtig, diesen Vorfall anzuzeigen und ich würde es auch sofort wieder machen, da ich es für eine äußerst erniedrigende Art halte, jemandem, der kommt um unparteiisch zu helfen, ins Gesicht zu spucken und zu beleidigen.“