Würdevolle Züchtigung
Veröffentlicht: 21. Februar 2015 Abgelegt unter: Leserbriefe an Rheinische Post | Tags: §1631 BGB, Körperstrafe Hinterlasse einen KommentarHeiliger Franziskus! Was war da denn los? Wieder einmal schwappte die Mainstream-Welle der öffentlichen Empörung besonders hoch. Banaler Anlass: Papst Franziskus billigte in einem Nebensatz geplagten Eltern das Recht zu, zum Zweck der Erziehung den eigenen Kindern auch mal einen Klaps zu geben. Dabei ergänzte er: Die Würde des Kindes muß gewahrt bleiben.
Damit war die deutsche Öffentlichkeit restlos überfordert. Ein mächtiges Rauschen ging durch den Blätterwald; ein gequälter Aufschrei durch alle Leitmedien. Ein Tabu war gebrochen. Familientherapeuten, Margot Käßmann und hiesige Geistliche widersprachen unverzüglich. Einige versuchten, zerbrochenes Porzellan zu kitten und das Ganze mit der „Sozialisation des betagten Kirchenoberhauptes im gewalttätigen Südamerika“ zu relativieren.
Ich fühlte mich bemüßigt, einen Leserbrief zu schreiben. Abgeschickt am 8. Februar an die Rheinische Post; auszugsweise veröffentlicht am Faschingsdienstag, den 17.2. Der vollständige Text ist unten angehängt; die von der RP weggelassenen Passagen sind rot gekennzeichnet.
Der volle Text:
Dem Heiligen Vater sei Dank, daß er die Diskussion um die körperliche Züchtigung von Erziehungsbefohlenen aufs Neue belebt hat.
Als Angehöriger des Jahrgangs 1950 kam ich, wie meine Altersgenossen und Schulkameraden, in den Genuss der Erziehungsmethode durch Körperstrafen und kann somit aus dem Nähkästchen plaudern.
Die Ohrfeigen, die wir bekamen, haben wir gar nicht nachgezählt. Wir haben reichlich und genügend kassiert, von unseren Eltern, von unseren Lehrern. Anlässe gab es zur Genüge: Fehlende Hausaufgaben, unzureichende Vokabelkenntnis, Unaufmerksamkeit im Unterricht oder schlichtweg Frechheiten. Das Wort „ungezogen“ war damals noch im Sprachgebrauch. Übrigens: Bei unseren Eltern brauchten wir uns erst gar nicht zu beschweren, wenn wir mal wieder eine Backpfeife durch einen Lehrkörper kassiert hatten. Denn zumeist erfolgte postwendend die nächste Abreibung durch unsere Erziehungsberechtigten.
Hat es uns geschadet? Wurden wir kriminell oder gewalttätig? Fehlanzeige! Wir brauchten keine Seelenklempner, wie damals der Berufsstand von Psychologen und Psychiatern abschätzig bezeichnet wurde. Statt dessen machten wir diszipliniert unseren Schulabschluss, anschließend Berufsausbildung und Karriere und wurden brave Familienväter. Mir kein Fall bekannt, daß einer meiner damaligen Klassenkameraden und Freunde im späteren Leben wegen Gewalttätigkeit auffällig geworden wäre.
Heute hingegen heute ist brutale Gewalt unter Jugendlichen alltäglich. Klar, wir haben uns damals auf dem Schulhof unseres Jungengymnasiums gedroschen, aber es ging immer fair nach festen Regeln zu, stets „Mann gegen Mann“. Wenn mehrere auf einen einzelnen losgehen wollten: Dann ging sofort die Klasse dazwischen. Wenn einer aufgab, dann ließ man auch von ihm ab. Nachtreten gab es nicht. – Lang ist’s her. Seit den siebziger Jahren wird nun Gewaltlosigkeit an Schulen gepredigt, körperliche Züchtigung durch Lehrer oder Erziehungsberechtigte ist seitdem tabu und ist als „schwarze Pädagogik“ verpönt.
Bisher hat mir noch kein Reformpädagoge schlüssig erklären können, warum wir nun gerade heutzutage dieser extremen Brutalität unter Schülern sowie dem Vandalismus in Schulen und öffentlichen Einrichtungen ausgesetzt sind. Hinzu kommt eine grenzenlose Respektlosigkeit gegenüber Lehrern, Polizisten und anderen Amtspersonen.
Endes Textes. Kommentare willkommen!
Euer Bernd