Radikalenerlass gegen die AfD?
Veröffentlicht: 8. November 2016 Abgelegt unter: Leserbriefe | Tags: AfD Hinterlasse einen KommentarBild brachte es mal wieder an den Tag. Es sollte der Schocker fürs Wochenende sein: „SCHULE FEUERT AFD-LEHRER“! So steht es in Riesenlettern auf der Frontseite der Samstagsausgabe.
Ja was denn? Werden AfD-Anhänger jetzt reihenweise aus dem öffentlichen Dienst gefeuert? Gibt es wieder mal einen Radikalenerlass oder gar eine Neuauflage des „Berufsbeamtengesetzes“ , mit dem zu unseligen Zeiten deutscher Geschichte schon einmal unliebsame Staatsdiener aus öffentlichen Ämtern entfernt wurden?
Gemach, gemach. Denn näheres erfährt nur der, der sich die Mühe macht und auf Seite fünf des Nackedei- und Revolverblattes die Fortsetzung der Geschichte liest: Besagter Chemie-Lehrer befand sich gerade mal drei Wochen in der Probezeit. Und es war auch keine staatliche Lehranstalt, sondern ein kirchliches Gymnasium. Und die Mitgliedschaft in der AfD sei kein Kündigungsgrund gewesen. Was die evangelischen Glaubensleute tatsächlich störte: Nicht nur, daß ihr neuer Pädagoge bei dem Berliner Pegida-Ableger Bärgida gesehen worden sei, nein er sympathisiere auch mit der „Identitären Bewegung“ und sei obendrein Schatzmeister der AfD in Berliner Bezirk Neukölln!
Ich überlege: Neukölln? Gab es über dieses interessante multikulturelle Gemeinwesen nicht mal den Bestseller des SPD-Bürgermeisters Heinz Buschkowsky? Und hatte nicht bei der letzten Landtagswahl in vier von sechs Wahlbezirken dort die AfD über 20% der Stimmen erhalten?
Sei es drum. Irgendwie scheint die Chemie in mancherlei Hinsicht dort nicht mehr zu stimmen.
Eine Frage bleibt: Wenn die Mitgliedschaft in der AfD angeblich kein Kündigungsgrund war, warum tituliert das einstige Groschenblatt dann: „Schule feuert AFD-Lehrer“ ? Am Ende ist der Chemielehrer auch noch ADAC-Mitglied? Oder fährt sogar noch einen VW-Diesel? Der Phantasie für Schlagzeilen sind keine Grenzen gesetzt.
Hier der vollständige Text der Bild-Zeitung:
Gymnasium kündigt AfD-Schatzmeister
Lehrer nahm an rechten Demos teil
Berlin – Was wäre, wenn Sie zufällig erfahren, dass ein Lehrer Ihrer Kinder ein Rechter ist?
Das „Graue Kloster“ ist eine der traditionsreichsten christlich geprägten Schulen Berlins. Bereits Turnvater ]ahn und Reichskanzler Otto von Bismarck paukten hier. Heute machen die Kinder von Prominenten und Politikern ihr Abitur an dem evangelischen Gymnasium.
Auch unter Lehrern ist ein Job an der 1574 gegründeten Elite-Schule begehrt.
Hendrik Pauli (38) ist nicht nur AfD-Schatzmeister im Berliner Bezirk Neukölln, sondern auch Chemielehrer. Er bewarb sich im Sommer und trat zum neuen Schuljahr seinen Dienst als Vertretungslehrer im „Grauen Kloster“ an.
Nach drei Wochen wurde er entlassen – in der Probezeit. Die Schule hatte von seiner politischen Haltung erfahren.
Stiftungs-Vorstand Frank Olie zu BILD: „Wenn jemand offen Sympathie für die rechts-extremistische, vom Verfassungsschutz beobachtete sogenannte ‚Identitäre Bewegung‘ zeigt und sich öffentlich für die ‚Bärgida‘- Bewegung engagiert, dann haben wir ein Problem. Unsere Lehrer sind ja auch immer Vorbilder.“
Der Lehrer entgegnet: „Ich fühlte mich ernüchtert, überfahren und enttäuscht. Ich konnte mich nicht einmal erklären.“
Mit Paulis Amt als Schatzmeister der AfD im Berliner Bezirk Neukölln soll die Kündigung nichts zu tun haben. Stiftungs-Vorstand Frank Olie: „Die Mitgliedschaft in einer zur Wahl zugelassenen Partei ist kein Grund, ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Das war auch hier nicht der Fall.“
Bei der Einstellung war der Schule aber nicht bekannt, welche politische Einstellung Pauli hatte. Auch hatte der Lehrer verschwiegen, dass er als AfD-Funktionär arbeitet.
Pauli: „Das ist mein gutes Recht, Ich kann die Bereiche Schule und Politik gut trennen und habe an der Schule in den drei Wochen nie etwas politisiert.“ Der Stiftungsvorstand ist jedoch der Meinung: „Wir hatten erhebliche Zweifel an der pädagogischen Eignung. Wir stehen für Offenheit und Toleranz und sind gegen Ausgrenzung.“
Der AfD-Lehrer ist seit der Kündigung arbeitslos.
Das Infame: Zwar wird die Blöd-Zeitung in der Druck-Ausgabe gerade mal nur 2-Mio.-mal verkauft. Aber wesentlich mehr Leute lesen die fette Überschrift in der Auslage an Tankstellen, Supermärkten und Kiosken. Etwa geschätzte 10 Mio. Bürger haben auf diese Weise den Aufmacher verinnerlicht, daß ein AfD-Lehrer gefeuert worden sei. Aber nur ein geringer Bruchteil davon hat den vollständigen Artikel im Innenteil gelesen. Und der hält beileibe nicht, was die Überschrift verspricht. So etwas nennt man gemeinhin Volksverdummung.