Resignation?
Veröffentlicht: 4. Februar 2020 Abgelegt unter: Besinnliches, Politikversagen, Tagebuch Ein Kommentarmancher von uns mag sich fragen: Hat das alles noch einen Sinn? Wofür mühen wir uns ab? Um den Jahreswechsel erhielt ich zwei Briefe von alten Bekannten, die ich hier zur Diskussion stelle. Kommentare sind gerne willkommen!
Nr. 1: Es kann m.E. leider kein Zurück zu den politischen Gegebenheiten der alten Bundesrepublik mehr geben, wer soll das auch noch leisten, welches Bildungssystem, welche Generation? Schon 2 Generationen sind bereits von den 68ern infiltriert, Leistungsbereitschaft, Pflichtgefühl und Verantwortungsgefühl.., wer soll diese Tugenden denn wiederbeleben? Mit jedem Monat, mit jedem Jahr wird die Bevölkerungsstruktur bei uns doch bunter und unüberschaubarer. Ich wundere mich vor allem über die vielen, die zwar auch vieles kritisieren, aber dann die Schulter zucken wenn man sie fragt „Was tust du denn, engagierst du dich oder kannst du dir das wenigstens vorstellen damit wir vielleicht wieder zu geordneten Rechtsverhältnissen kommen?“
Nein, diese Kanzlerin hat hier ganze Arbeit geleistet, sie hat tatsächlich fast im Alleingang diese Republik, unsere gewachsene Rechtsordnung, das Parteiensystem so verändert und untergraben, dass ich keine Hoffnung mehr habe. Das schlimme daran ist, dass, von Kohl angefangen, keiner ab 1995 diese Person stoppen wollte oder konnte – die Schuld trägt m.E. das konservative politische Establishment der CDU/CSU, welches bereits viel zu naiv und sorglos dem Aufstieg und der Gewaltbereitschaft der 68er /Grünen gegen Sachen und Personen zugeschaut hat.
Nein Bernd, ich versuche jetzt meinem begrenzten Leben in der Endphase noch Positives & Schönes abzugewinnen – auch wenn es sicher immer in uns gären wird wenn wir in stillen Stunden an unser Land, an die Aufbauleistung unserer Eltern, an unser Leben und an unsere deutsche Geschichte denken!
Nr. 2: Nachdem unsere am 05./10. Mai ausgetauschten Feststeilungen unverändert fortgelten, sollte es nur eine kurze persönliche Mail werden, die ich mitten im Weihnachtsfest Ihnen zukommen lassen wollte.
Doch nach einem Heiligabend in obligatorischer Verwandtschaftsrunde mit den üblichen politisch korrekten Kommunikationsabläufen floss aus meiner Feder, weinbefördert, nur gesellschaftlicher Frust, den ich Ihnen nicht vorsetzen mochte. So blieb mein Entwurf unvollendet
Freilich treibt es mich, Ihnen, wenn auch verspätet, wenigstens noch Neujahrsgrüße zuzurufen nebst einem Dankeschön für die stete Versorgung mit hochinteressanten Informationen. Vor diesem Hintergrund erlaube ich mir, mit etwas Selbstironie die in der Heiligen Nacht gespeicherten Zeilen nachträglich zu übermitteln. Hier sind sie, im Originalton:
„Aufrichtig bedanke ich mich für Ihre mir auf mehreren Wegen zugegangenen guten Wünsche zum Weihnachtsfest und zum kommenden Jahr, die ich hiermit herzlich erwidere.
Das gesellschaftliche Zusammenleben entwickelt sich, erlebbar selbst an heiligen Abenden im
Verwandtenkreis, zunehmend zu einem Ausgrenzungsgebaren. Dabei ermöglicht mir meine geistige Ausstattung, weil angereichert mit einem Schuss Unabhängigkeit, Distanz und Zynismus, fasziniert zu sein über dreierlei Beobachtungseindrücke:
Der erste Eindruck betrifft das willfährige „der Fahne (sprich: dem Symbol Greta) Hinterherlaufen“ hin zum One-World-Glaubensstaat unter Wiederbelebung der bösen Geister, ja des leibhaftigen Teufels, verkörpert neuzeitlich durch den realitätsverbundenen und demokratietreuen Teil der Bevölkerung.
Der zweite Eindruck betrifft mich selbst: Jahrzehntelang hatte ich, geprägt durch deutsche Nachkriegs- Sozialisation, die aufgelebten Verfahrensmuster (gerne) längst vergangenen Zeiten zugeordnet, obschon doch erst vor drei bzw. zwei Generationen ähnliches sich zugetragen haben soll im „Reich“ bzw. in der „DDR“. Offenbar lebte ich in der (naiven) Selbsttäuschung eines Wohlstandsbürgers, der sich stets (eitel) eingestuft hat als Realist, nie als träumerischer Gutmensch.
Und der dritte Eindruck: Es wächst in mir erstmals so etwas wie ohnmächtiger Hass (den zu empfinden ich mich in der Vergangenheit außerstande wähnte), verknüpft mit höhnischer Verachtung für unsere ach so kultivierten (elitistischen) „Individuen“, für die Herdentiere, die, bereit, alles zu tun, um „dabei“ sein zu dürfen, der Wahrheit ausweichen, der Meute folgen.
Erst zuletzt stirbt die Hoffnung: Der Herr erhalte mir meine Unabhängigkeit und ein Umfeld, in dem geistige Emigration lebbar bleibt.“
An dieser Stelle brach ich den Entwurf ab, erkennend, dass meine weihnachtliche Seelenpein nichts anderes hervorbrachte als ausgiebige Selbstmitleidsbekundung. Frohe Weihnachtsgrüße gehören wohl in die Zeit der Vorfreude; nach deren Verglühen wird das nichts mehr…
Lieber Herr Ulrich, vorgesehen für den Schluss der Mail war das Stichwort Gesundheit, als Voraussetzung für Unabhängigkeit. Vor Jahresfrist überlebten Sie existentielle Nöte, und alle Ihre Lieben freuten sich mit Ihnen, als Sie es geschafft hatten! Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen (und Ihren Lieben), dass Ihnen die Gesundheit erhalten bleibt!
Wie Sie mir am 10. Mai verrieten, werden Sie 70. Meine Empfehlung: Horchen Sie in sich hinein (und fragen Sie Ihre Lieben), wie Sie Ihre Zukunft am freudigsten verbringen möchten (zudem: wie Ihre Lieben sich Gemeinsamkeit wünschen). Auch wenn Familie deprimieren kann (siehe oben), kenne ich keine bessere Option! Mit herzlichen Grüßen
Ende des Textes ….