PKW-Maut: Die Systemfrage des Parlamentarismus
Veröffentlicht: 1. April 2015 Abgelegt unter: Leserbriefe an die FAZ, Leserbriefe an Rheinische Post, Obrigkeitsstaat und Absurdistan | Tags: PKW-Maut Hinterlasse einen KommentarNun haben wir den Schlamassel. Wider besseres Wissen, eigener Überzeugung und gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung hat der Deutsche Bundestag die PKW-Maut auf den Weg gebracht. Genau genommen ist das ein Bruch der Verfassung. Steht doch im § 38 des Grundgesetzes: Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages … sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
Statt dessen haben die Damen und Herren Abgeordneten ihr Gewissen und den gesunden Menschenverstand an der Garderobe des Plenarsaals abgegeben. Man fragt sich: Warum hat Deutschland mit 631 Abgeordneten das drittgrößte Parlament der Welt (nach dem chinesischen Volkskongress und der russischen Duma), wenn letztlich nur die Spitzen der Parteien über das Abstimmverhalten entscheiden? Dann brauchen wir nicht diese Masse an parlamentarischem Stimmvieh. Dann würden auch, sagen wir mal, etwa einhundert Abgeordnete als Gesetzgebungsmaschine völlig ausreichen. Und der Etat des Bundestages von derzeit 770 Mio. € jährlich würde entsprechend entlastet. Das brächte mehr in die Kasse als der ganze Murks mit der Maut.
Aber das Drama mit der PKW-Maut wirft eine noch viel tiefliegendere Frage auf: Nämlich nach der Legitimation unserer Parlamentarischen „Demokratie“, wie sie in Deutschland praktiziert wird. Denn offenbar führt dieses Staatswesen nicht automatisch zu guter Regierung. Wenn der Bundestag gegen Gewissen und nur mit Widerwillen der meisten Abgeordneten blödsinnige Gesetze auf den Weg bringt, dann ist etwas oberfaul in diesen Staat. Eine Kungelei nach dem Motto: Mein Mindestlohn gegen Deine Maut mag eine dürftige Erklärung sein. Ein derartig unwürdiger Kuhhandel passt indessen eher zu einer Bananenrepublik.
Unsere Parlamentarier sägen selber an dem Ast, auf dem sie sitzen.
Noch hat Joachim Gauck nicht unterschrieben. Ein letzter Versuch:
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
bitte verhindern Sie mit Ihrem Veto die vom Bundestag beschlossene PKW-Maut! Denn die Art und Weise, wie dieses Vorhaben durch das Parlament geboxt wurde, widerspricht dem Geist und den Buchstaben unseres Grundgesetzes. Dort steht: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ Die meisten Abgeordneten haben sich gegen die eigene Überzeugung dem massiven Druck des Fraktionszwanges gebeugt. Das verstößt gegen unsere Verfassung.
Darüber hinaus ist die PKW-Maut schlichtweg überflüssig, schädlich und schafft nur neue Bürokratie. Sie ist zudem fremdenfeindlich und widerspricht der Idee eines zusammenwachsenden Europa.
Ich appelliere an Sie als unser deutsches Staatsoberhaupt: Verhindern Sie dieses Monstrum!
Besten Dank, mit freundlichen Grüßen
Abgesendet am 1.4. 2015, 21:40 an bundespraesidialamt@bpra.bund.de
→ Antwort des Bundespräsidenten vom 9. April 2015
Schade!
Der größte deutsche Automobilclub, der ADAC, vertritt über zehn Millionen Mitglieder. Auch er lehnt die Maut ab. Hier ein ganzes Bündel von guten Gründen gegen diesen Schwachsinn:
Und nun das letzte:
Nachtrag vom 3.7.2015: Jetzt zahlen wir.
http://www.n-tv.de/politik/Pkw-Maut-kostet-schon-jetzt-Millionen-article15434336.html