Hexenjagd nach Ursula Sarrazin: Eine Leseanleitung
Veröffentlicht: 22. Januar 2013 Abgelegt unter: Sarrazindebatte | Tags: Hexenjagd, Ursula Sarrazin 20 KommentareWer glaubt, die Zustände an Berliner Schulen seien schlimm, der liegt falsch. Es ist viel schlimmer. Wie grauenhaft es dort zugeht, darüber klärt uns Ursula Sarrazin auf. Mobbing ist eine Verharmlosung, Hexenjagd der korrekte Ausdruck. Das ist weder Satire noch Übertreibung, das ist mein voller Ernst.
Hexenjagd, das ist das bekannte Bühnenstück von Arthur Miller. Gehörte in früheren Zeiten mal zum Bildungskanon von Gymnasiasten. Ein Unterschied zum 17. Jahrhundert: Ursula Sarrazin landete nicht auf dem Scheiterhaufen. Sie ließ sich nicht einschüchtern, weder von karrierebewussten Vorgesetzten, noch von missliebigen Kollegen, auch nicht von manipulierten Schülern und instrumentalisierten Eltern. Sie hat sich zur Wehr gesetzt. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Dem Dienstrecht, Zivilrecht und mit dem Strafrecht. Und letztlich auch mit ihrem Buch: Hexenjagd. Dieses Werk wünscht man sich als Pflichtlektüre sowohl für Schüler als auch für Pädagogen. Insbesondere in Berlin. →Leseprobe
Berliner Sumpf, eine zutreffende Vokabel für eine erpressbare Schulverwaltung, die beschönigt, verharmlost, unter den Teppich kehrt. Und mobbt. Ein mieses Beispiel gibt für Kinder und Heranwachsende: Leistung lohnt sich nicht, Mobbing ist besser. Hausaufgaben? Braucht ihr nicht. Nicht am Donnerstag, nicht am Freitag und erst recht nicht am Wochenende. Das sind nur einige Beispiele.
Was Ursula Sarrazin dort schildert ist unglaublich. Aber es ist die Wahrheit. Mit Fakten, Protokollen und amtlichen Akten unterlegt. Und sie nennt Namen. Zumindest diejenigen, die selbst die Öffentlichkeit gesucht haben um für das Kesseltreiben Beifall zu heischen. Niemand der dort genannten hat dementiert oder sie gar auf Unterlassung verklagt. So können wir guten Gewissens davon ausgehen, daß alles, was sie schildert, stimmt.
Ursula Sarrazin nennt in ihrem Werk eine Fülle von Namen und Institutionen. Bei der Lektüre vermisst man schnell ein Personenregister. Dem sei nachfolgend abgeholfen. Abkürzungen:
Ng. =Name geändert
MOS = Montessori-Schule in Reinfeld http://www.reinfelder-schule.de/
ROS = Reinhold-Otto-Schule in Charlottenburg http://www.reinhold-otto.de
Patricia Appel, Journalistin, Mutter einer Schülerin am ROS
Glasewald , Sigrun Lehrerin MOS, selbst Mobbing-Opfer
Gutheil, Jürgen, Schulrat
Hanf (Ng) Lehrerin MOS
Hartmann, Reinhold Schulrat
Frau Hirt (Ng) spätere Konrektorin ROS
Kuhring Günther, Oberschulrat, unternimmt nichts gegen das Mobbing http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/org/schulen/schulaufsicht.html
Laube, Erhard Schulabteilungsleiter, inzwischen außer Dienst.Organisierte als Gewerkschaftsboss einen mehrwöchigen Streik in den Berliner Kindertagesstätten. http://www.welt.de/welt_print/article1816393/Erhard-Laube-wird-Chef-der-Schulaufsicht.html
Liebherr, Frau (Ng) Klarname: Heike W****z Schulleiterin ROS, spätere Beförderung zur Schulaufsicht.
Peiritsch, Günter, Landeselternvertreter, hetzt in Presse http://www.bz-berlin.de/bezirk/charlottenburg/sarrazin-ist-eine-engagierte-lehrerin-article1085818.html
Schlacher, Jürgen (Ng) Lehrer an ROS, für US ab Sept. 2010 bis Nov. als Co-Lehrer zugeteilt
Spätling Anja (Ng) Schulleitung ROS Klarname: Gabriele R***sch
Syska, Joachim Schulleiter ROS, Hauptakteur beim Mobbing
Unker (Ng) Klassenlehrer MOS
Windisch, Frau (Ng) Klarname: Sa*****nz , Konrektorin an ROS, später Schulrätin
Zimsinski, Ines, alleinerziehende Mutter einer Tochter, unzufrieden mit der Benotung, führt 2009 einen Elternprotest an. Elternsprecherin 2008/2009
Schade nur, daß die „unverschämten“ Elternbriefe an Frau Sarrazin nicht auch im Buch veröffentlicht sind. Aber im Gegensatz zu Ihren Gegnern nimmt Ursula Sarrazin Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte. (Anmerkung am 11.11.2015: In dem Text des Buches wird an einer Stelle der vollständige Name einer Schülerin genannt. Der BHG urteilte dazu, daß dies nicht zulässig ist. Die erste Druckauflage darf somit nicht weiter verbreitet werden. Hier das →Urteil)
Was ebenfalls bei der Lektüre bewusst wird: Pädagogik ist seit Jahrzehnten die ideologische Spielwiese für Weltverbesserer nach dem Motto: gleich, gleicher, ganz egal. Und so wird experimentiert: Mit Inklusion, das heißt Zusammenwürfeln unterschiedlichster Begabungen und Behinderungen, mit JÜL, dem jahrgangsübergreifendes Lernen. Bildungsbürgern fällt die Metapher vom Bett des Prokrustes ein. Wie so oft: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. Leidtragende sind die Kinder. Hier wird es ernst: Wir setzten die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft aufs Spiel. Denn die Jugend von heute, das sind die Erwachsenen von morgen. Und hier wird es nun bitter Ernst. Handeln ist angesagt.