Öko-ideologische Manipulation im Schulbuch

Öko-ideologische Meinungsmanipulation hat leider bereits in ansonsten seriösen Unterrichtswerken Einzug gehalten.  Ein besonders krasses Beispiel möchte ich hiermit zur Kenntnis geben.

Es ist eine besondere Infamie, daß bereits junge Menschen in offiziellen Schulbüchern durch gezielte Falschinformation im Sinne einer autofeindlichen Ideologie beeinflusst werden. Ich denke, hier sollten alle Betroffenen  im Sinne einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit tätig werden. Und zwar bei Kultusministerien, Schulverwaltungen bis hin zu Lehrkräften. Es darf nicht sein, daß schon halbwüchsige Schüler im Sinne einer bestimmten Geistesrichtung instrumentalisiert werden.

Nachfolgend der  Briefwechsel mit den Cornelsen-Verlag als Herausgeber eines Lehrbuches für den Biologieunterricht in der Oberstufe.

1.     Brief an Cornelsen Schulverlage, gesendet Di 16.08.2011

 Betr.: Mangelnde Qualitätskontrolle / Biologie Oberstufe Gesamtband /2. Auflage, 1. Druck 2009/

ISBN 978-3-464-17185-1

    Sehr geehrte Damen und Herren,

 Zufällig hielt ich vor einiger Zeit besagten Band in den Händen. Aufbau, Inhalt und Duktus des Buches halte ich insgesamt für sehr gut; allerdings ist an einer Stelle leider die Qualitätskontrolle ausgeblieben. Und zwar ausgerechnet dort, wo es um die Öko-Bilanz eines Autos geht. Hier sind mit einem offenbar ideologisch voreingenommenen Autor die Pferde durchgegangen. Und ein naturwissenschaftliches Lehrwerk, das im Unterricht gebraucht wird, sollte mit politischen Wertungen, auch andeutungsweise, sehr vorsichtig umgehen. Zumal wenn die zugrunde liegenden Fakten schlecht recherchiert oder schlichtweg falsch sind: 

 Ich zitiere aus dem  gegenwärtigen, für alle Bundesländer gültigen Standardwerk Biologie Oberstufe (2009), Cornelsenverlag, Seite 381: 

——ANFANG DES ZITATES—— 

 Ökobilanz eines Autolebens

 Ein Auto braucht Kraftstoff und Öl und gibt, wenn es gefahren wird, Schadstoffe an die Umwelt ab. Wie viel Energie wird aber insgesamt benötigt, um Rohstoffe für den Bau eines Autos zu gewinnen und zu transportieren um daraus ein Auto zu bauen? Auch der Energieaufwand, der zur Verschrottung des ausgedienten Autos nötig ist, muss berücksichtigt werden. In einer Ökobilanz wird also die Umweltverträglichkeit der gesamten Prozesskette untersucht. Bei den Werten in der Tabelle unten wird von einem Mittelklassewagen ausgegangen, der im Jahr rund 13000 km gefahren wird, 1199 kg wiegt und einen durchschnittlichen Benzinverbrauch von 10 l auf 100 km hat.

 Wenn Privatleute ein Auto fahren, sind für sie nur die Betriebskosten von Bedeutung. Für die gesamte Gesellschaft fallen aber weitere Kosten an, die vom Staat, also letztlich über Steuergelder beglichen werden müssen. Rechnet man zum Beispiel die Waldschäden auf die Verursacher um, ergeben sich 30 erkrankte und 3 abgestorbene Bäume für jeden Pkw. Unfälle wiegen noch schwerer: Pro Pkw werden 820 Stunden Lebenszeit durch Unfalltod vernichtet; 2800 Stunden Lebenszeit mit Behinderung werden verursacht. Dabei fährt ein Pkw bei 10-jähriger Nutzungsdauer nur etwa 2400 Stunden!

 Energiebedarf und Schadstoffemission eines Autos in der Prozesskette: 

Primärenergie        22,9 t SKE/Pkw
CO²        59,7 t/Pkw
NOx        89,5 t/Pkw
Fahrbahnabrieb 17 500    g/Pkw
Reifenabrieb      750    g/Pkw
Bremsabrieb      150    g/Pkw
Blei        85,5 g/Pkw
Kupfer, Chrom und Zink          5,3 g/Pkw
Diese Mengen an Abfällen entstehen:
Abraum (Rohstoffgewinnung)        23,4 t/Pkw
Schlacke          1,6 t/Pkw
Sonstige Abfälle          1,5 t/Pkw
Abfälle insgesamt (auch PCB)        26,7t/Pkw
Mit dem Abwasser gelangen diese Rückstände in Grundwasser oder Boden:
Rohöl in die Weltmeere        13,0  l/Pkw
Mineralöl in Deutschland          1,1  l/Pkw
Blei        14,1 g/Pkw
Kupfer         6,6  g/Pkw
Chrom und Zink       25,3  g/Pkw

——ENDE DES ZITATES——  

 Es ist für Experten  ein leichtes, dieses ganze Zahlenwerk zu zerpflücken. Übrigens findet sich dazu im Lehrbuch keine Quellenangabe! Exemplarisch: Offensichtlich ist den Autoren entgangen, daß seit vielen Jahren unsere Autos bleifrei fahren. Und ein Verbrauch von 10 Litern pro 100 km ist längst nicht mehr zeitgemäß. Und offenbar wurden auch alle Unfalltoten im Straßenverkehr (auf welches Jahr wird eigentlich Bezug genommen?) den PKWs unterstellt. Hochofenschlacke ist kein Abfall, sondern Rohstoff. Unsere Tankstellen haben seit Jahrzehnten versiegelte Böden und Benzinabscheider, also läuft kein Benzin ins Grundwasser. Usw,usw.  Nebenbei: Der Ausdruck PCB ist im ganzen Lehrwerk nicht weiter erläutert! Dabei hat das Buch über 500 Seiten; ansonsten ist jede Begriffsbildung im Glossar definiert. Vermutlich wird den Schülern unterstellt, daß der Begriff PCB (Abkürzung für Polychlorierte Biphenyle) bereits in der Mittelstufe ausreichend behandelt wurde? Außerdem: Gerade hier fehlt die Mengenangabe!

 Die Behauptung von Waldschäden pro Pkw ist eine nicht belegte Unterstellung. Quelle?

 Besonders kritisch zu werten ist die Aufrechnung von getöteter Lebenszeit und Behinderungen auf Nutzungszeit von Pkws. Auch hier fehlt es an Nachprüfbarkeit.

 Ich hoffe und wünsche mir, daß hier in der nächsten Auflage nachgebessert wird.

 Mit freundlichen Grüßen                                      

 Bernd Ulrich

 2.     Antwort Cornelsen-Verlage, gesendet Fr 09.09.2011

 Sehr geehrter Herr Ulrich,

 ich hatte versprochen, dass ich mich mit einer Antwort wieder melden werde. Inzwischen habe ich in der Redaktion Rücksprache halten und weitere Informationen zu der Ökobilanz für Sie zusammenstellen können. Bei der Quelle handelt es sich um den Bericht Nr. 25 des UPI (Umwelt- und Prognose-Institut e.V., ein gemeinnütziges Institut, das zum Beispiel auch schon Studien für  das Verkehrsministerium in NRW erstellt hat). Der Bericht ist in der 6. Auflage im Mai 1999 erschienen. Ich hänge ihn als PDF an. Ich hoffe sehr, dass er in absehbarer Zeit aktualisiert wird und wir dann die aktuellen Zahlen übernehmen können. Ich habe auch nochmals bei anderen einschlägigen Institutionen wie dem Umweltbundesamt und dem Ifeu-Institut recherchiert, doch liegt nichts Neueres zum Thema vor (außer einer Ökobilanz für grafische Papiere, die für Laien nicht besonders verständlich ist und für Schüler kaum von Interesse). Es ist sicher schade, dass wir kein aktuelleres Material verwenden konnten, jedoch geht es hier darum, dass die Schülerinnen und Schüler eine Vorstellung davon bekommen, dass beim Autofahren noch andere Kosten anfallen als die, die man im Portemonnaie spürt, nicht aber um die absolute Höhe der einzelnen Werte. 

 Wir sind für Hinweise auf aktuelle Ökobilanzen sehr dankbar. Vielleicht können Sie eine Empfehlung geben. Die Autorin und Redakteurin werden ebenfalls weiterrecherchieren. 

 Zum Begriff PCB (Abkürzung für Polychlorierte Biphenyle): Dass der Begriff nicht im Glossar erklärt wird, schien in diesem Zusammenhang nicht gravierend, da der Begriff beispielsweise auch in der Presse auftaucht und leicht im Internet recherchiert werden kann. Wir werden nun eine Änderung vornehmen und PCB bei den „Stichworten zu weiteren Informationen“ unten rechts auf der Seite aufnehmen und so explizit die Recherche anregen.

 Zum Hinweis auf fehlende Quellenangabe im Lehrbuch: Die Angaben sind gekürzt und schülergerecht aufgearbeitet. Nur bei wörtlichen Zitaten ist es in Schulbüchern üblich, die Quelle anzugeben. 

 Mit freundlichen Grüßen

 Ulrike P.

3     Meine Antwort an Cornelsen Schulbuchverlage   am So 25.09.2011

 Sehr geehrte Frau Pxxxxxxx,

 haben Sie herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort, die mich in meinen Bedenken allerdings bestätigt hat.  Ich habe die zitierte Quelle (Bericht 25 UPI) aufmerksam studiert und ich möchte Ihnen ebenso ausführlich antworten.

 Zunächst stimme ich Ihnen zu, daß die Behandlung von Ökobilanzen im Biologieunterricht im Sinne einer Sensibilisierung von Schülern für ökologische Zusammenhänge und Problematiken sinnvoll und nützlich ist.  Die zu Grunde liegenden Fakten sollten indessen richtig recherchiert sein, die daraus abgeleiteten Bewertungen sollten wissenschaftlicher Nachprüfung stand halten. Leider wird die zitierte Studie dem in keiner Weise gerecht. Die mangelnde Aktualität des Zahlenmaterials  ist dabei noch das  lässlichste Versäumnis. Statt über 8.700 Verkehrstoter laut Studie sind wir inzwischen bei weniger als 4.000 angelangt. Damit stimmen natürlich auch die gesamten quantitativen Folgerungen (etwa verlorene Lebenszeiten etc.)   nicht mehr.   Schlimmer wiegen die systematischen Verfälschungen und frei erfundenen Folgerungen im Sinne einer dezidierten politischen Zielrichtung, zumal wenn diese Eingang in Schulbücher finden. Ich werde darauf im Folgenden detailliert eingehen.  Die nachfolgenden Abschnitte gliedern sich wie folgt:

 1.      Wissenschaftliche Standortbestimmung und ideologische Ausrichtung des Instituts

2.      Analyse der Quellen und des verwendeten Zahlenmaterials

3.      Persönliche Anmerkungen

4.      Empfehlungen

 Ausrichtung des UPI-Institutes

 Nach eigener Darstellung besteht das „Institut“  aus zwei Diplom-Biologen (männlich/weiblich), einer Diplomphysikerin. einer Diplomchemikerin und einem Diplomvolkswirt. Weitere akademische Grade sind nicht angegeben. Es gibt offenbar weder  Zuordnung noch Zusammenarbeit mit universitären Fachbereichen oder  anderen bekannter weise seriösen Organisationen wie etwa Fraunhofer-Institut oder Max-Planck-Gesellschaft. Bei der geringen personellen Ausstattung von UPI versteht es sich auch, daß keine eigene Feldforschung betrieben wird. Stattdessen wird das von anderen Organisationen erhobene Zahlenmaterial verwendet und in den eigenen Veröffentlichungen teils phantasievoll und spekulativ rekombiniert. Darunter leidet die Aktualität. Es gibt auch viele Rückbezüge auf UPI- Veröffentlichungen  früherer Jahre. Beispielhaft seien genannt:

Bundesverteidigungsministerium bereitet zukünftige Kriege um Öl und Rohstoffe vor. Aus: http://www.upi-institut.de/Weissbuch_Bundeswehr.htm

Deutsche Automobilindustrie nicht zukunftsfähig: Aus:  http://www.upi-institut.de/co2-emissionen_verkehr.htm

August 1999Steuerliche Subventionierung von Lungenkrebs durch Dieselruß

Anfang Mai 1999: Fragen zum Kosovokonflikt und zum Krieg gegen Jugoslawien

 Diese Reihe lässt  sich beliebig fortsetzen und offenbart den politischen Standort bzw. die ideologische Schlagseite dieses „Institutes“. Exemplarisch: So wird etwa die Nato-Intervention zum Schutz der Bevölkerung im Kosovo gegen die Vertreibung durch die Serben zum „Krieg gegen Jugoslawien“ umgemünzt. Das eigentliche Jugoslawien gab es zu dem Zeitpunkt längst nicht mehr. Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina waren schon Jahre vor 1999 unabhängig geworden.  Nur überzeugte Parteigänger des alten Ostblocks  gebrauchten zu dem Zeitpunkt noch den Terminus „Jugoslawien“ an Stelle von Serbien. Das in dem Zusammenhang genannte Quellenmaterial zur angeblichen radioaktiven Verseuchung der irakischen Bevölkerung durch amerikanische Munition ist nicht recherchierbar. Oder:  Unter der Überschrift „Deutsche Automobilindustrie nicht zukunftsfähig“ heißt es wörtlich:  Deutschlands Autoindustrie und die Umwelt: Das ist seit Jahrzehnten eine sich wiederholende Geschichte von Ignoranz, Täuschungen und Verdrängungen. Verdrängt wird offenbar seitens der Autoren die Einführung von Katalysatoren, Verbrauchsreduzierungen,  Abgasrückführung, das Einhalten immer strengerer EU-Richtlinien, Rücknahme von Altautos usw. Über die Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie brauchen wir an dieser Stelle nicht zu philosophieren; darüber fällen die Weltmärkte täglich ihr Urteil.  Die Ergebnisse sind bekannt. 

Kritik zum Bericht 25 UPI: Ökobilanz von Fahrzeugen:

Analyse der Quellen und des verwendeten Zahlenmaterials

 Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich auf einige  grobe offensichtliche Schnitzer in der Studie. Es würde dem Umfang dieser Korrespondenz sprengen, jede einzelne Zahl zu hinterfragen.

 1.      Beispiel: Tab. A.2: Primärenergieverbrauch und Emissionen bei der Rohstoffgewinnung für einen Pkw

 Leider ist der als Quelle genannte Artikel:   Abfälle nach Knisch, Harald, Müll von Anfang an, Müllmagazin, Berlin, 1/1991 (!) nicht recherchierbar.  Damit ist eine Beurteilung, ob dieser 20 Jahre alte Zeitungsartikel wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, hier nicht möglich.

   Gehen wir von der ungefähren Richtigkeit von Tabelle 1: Stoffzusammensetzung des PKW; Tonnen/PKW aus,  dann besteht der Beispiel-PKW im Wesentlichen aus 0,75 to Stahl.

 Für die Erzeugung einer Tonne Roheisen im Hochofen werden weniger als 0,5 to Koks und Blaskohle benötigt. Quelle: (http://de.wikipedia.org/wiki/Hochofen)  Warum dann für den PKW laut  Tabelle 3,6 to Steinkohleeinheiten für die Primärenergie aufgewendet  werden müssen, ist nicht nachvollziehbar. Zumal bei der CO²-Bilanz  exakt 9,6 to genannt werden. Das würde einer vollständigen Verbrennung von 2,6 to Kohlen entsprechen.  In Deutschland wird zudem Stahl zu über 60% aus Recycling-Schrott erzeugt, was den Koks- und Erz-Einsatz noch weiter reduziert. Ebenso werden die in der Tabelle genannten Rohstoffe  Kupfer (10kg) und Aluminium (70kg) zu ca. 50% aus  Recycling gewonnen.  Demzufolge ist auch die genannte Abraummenge (24 to!) nicht stimmig.

 In der obigen Abfallbilanz wird die Schlacke als Abfall bezeichnet. Dazu die Quelle wie oben:

 …Schlacke ..wird sie nach dem Abstich je nach Zusammensetzung und Eigenschaft als wertvoller Rohstoff für verschiedenste Zwecke weitergenutzt. Neben der Erzeugung von Hüttensand, Hüttensteinen bzw. -bims und Schlackenwolle, wird sie auch zu Straßen- und Gleisschotter, Schlackensteinen, Portlandzement und Hochofenzement verarbeitet. 

  2.      Beispiel:  Tabelle  D.1: Energieverbrauch und Emissionen während des Betriebes des PKWs.

 Für diese Tabelle gibt es keine Quellenangabe, offenbar eigene Schätzungen des „Instituts“.

 Bei SO² werden 4,8 kg über die Laufzeit unterstellt. Dies entspricht 2,4 kg reinem Schwefel.  Demgegenüber: Seit dem 1.1.2003 liegt der Schwefelgehalt deutscher Kraftstoffe aufgrund eines steuerlichen Anreizes praktisch ohne Ausnahme unter 10 mg/kg (per Definition „schwefelfrei“). Seit 2009 ist diese Grenze per EU-Verordnung verpflichtend. Um also 2,4 kg Schwefel in die Umwelt zu pusten müsste unser PKW 240 Tonnen Treibstoff verbrauchen. Das wären ca. 300.000 Liter, ausreichend für eine Fahrstrecke von 30  Mio. km.  Quelle: http://www.motorlexikon.de/?I=3235  Fazit: Absurd!

 Weshalb unser PKW 85 Gramm Blei abgeben soll, bleibt unerfindlich. Denn bereits 1999 gab es kein bleihaltiges Benzin mehr. Und  Batterien sind gekapselt und haben eine Rücklaufquote von 100%.

 Stickoxide( NO­x): Bei allen ab dem Jahr 2000 zugelassenen Benzin-Fahrzeugen durfte der Stickoxid-Ausstoß 150 mg pro km nicht übersteigen. Das war bereits 1999 bekannt. Unser Beispiel-PKW hätte bei der unterstellten Fahrleistung von 130.000 km somit nur 19,5 kg Stickoxide produziert. In der Tabelle wird indessen mehr als die doppelte Menge, nämlich 46,8 kg genannt.   In der Euro-6-Norm, gültig ab 2014, wird die Grenze weiter auf 60 mg (Benziner) bzw. 80 mg (Diesel) reduziert.

 3.      Beispiel: Tabelle F2: Gesundheitsschäden durch den Kraftfahrzeugverkehr in der Bundesrepublik Deutschland pro Jahr, 1996

 Auf die Zitierung dieser Tabelle aus der Studie hat der Cornelsen-Verlag offenbar aus gutem Grund verzichtet, da das Zahlenwerk abwegig ist. Es werden außer dem Bezug zu anderen, älteren UPI-Schriften  keine anderen Quellen genannt. Nehmen wir die UPI-Aussage, daß der Straßenverkehr jährlich 8.700 Lungenkrebstote fordert, einmal näher unter die Lupe:

 In Deutschland sterben jährlich ca. 42.000 Menschen an Lungen- bzw. Bronchialkrebs. Quelle: Statistisches Bundesamt.

 85% dieser Krebsfälle sind direkt auf Rauchen zurückzuführen. Quelle: Deutsche Krebsgesellschaft

 http://www.krebsgesellschaft.de/rauchen_rauchenundgesundheit,1051.html

 Verbleiben 6.300 Menschen, bei denen Lungenkrebs nicht auf Rauchen zurückzuführen ist. Nach Informationen des Bundesamtes für Strahlenschutz ist das Radon mit 2.000 Todesfällen die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs. Von den restlichen 4.300 sterben laut UPI-Tabelle 8.700 durch Straßenverkehr!

 Fazit: Man muß nicht Mathematik studiert haben, um festzustellen, daß an dieser Rechnung etwas nicht stimmt.

  Beispiel Waldschäden

 Hier wird keine Tabelle aufgeführt, statt dessen Originalzitat:

  Die Emissionen des Straßenverkehrs sind, gewichtet nach ihrer Schädlichkeit, im Jahr 195 zu etwa 60 % Ursache der Luftverschmutzung. Während die Anteile der Kraftwerke, der Industrie und der Haushalte schon in der Vergangenheit absanken und auch in Zukunft weiter absinken werden, wird der Anteil des Kraftfahrzeugverkehrs weiter zunehmen. Auch bei den für das Waldsterben besonders relevanten säurebildenden Schadstoffen (Stickoxide und Schwefeldioxid) lag der Anteil des Verkehrs im Jahr 1995 bei 55 % mit ebenfalls deutlich steigender Tendenz. Gleiches gilt für die Kohlenwasserstoff-Emissionen, die zusammen mit den Stickoxid-Emissionen (65 % Verkehrsanteil) für die Entstehung von photochemischem Smog verantwortlich sind. In den letzten Jahren sind in der Bundesrepublik Deutschland rund 60 Prozent der Waldfläche geschädigt. Die Grafik „Waldschäden BRD “ zeigt die Entwicklung der Waldschäden in der Bundesrepublik Deutschland von 1983 bis 1998. Rechnet man die Waldschäden auf die Verursacher um, ergibt sich, daß im Durchschnitt jeder PKW für die Erkrankung von bisher ca. 30 Bäumen und das Absterben von bisher 3 Bäumen verantwortlich ist.  

In diesem kurzen Abschnitt wird zum Einen Straßenverkehr mit PKW gleichgesetzt. Und weil der Straßenverkehr für 55 bis 65% aller Emissionen verantwortlich sei, seien somit die PKWs auch mit dem gleichen Prozentsatz für alle Waldschäden verantwortlich! Schauen wir uns das mal genauer an:

 Die Aussagen über Schwefeldioxid sind schlichtweg falsch.  Im Jahr 1999 war der Straßenverkehr nur mit 3,5% an den Gesamtschwefeldioxid-Emissionen beteiligt. Bis 2003 war dieser Wert auf ca. 3 Promille gesunken. Quelle: Bundesumweltamt:  http://www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.de/umweltdaten/public/theme.do?nodeIdent=3578 , ich zitiere aus dem Papier:

 Von 1990 bis 2009 ist ein Rückgang der Emissionen von 5,3 Millionen Tonnen (Mio. t) auf nur 0,45 Mio. t (–91,6 %) zu verzeichnen (siehe Abb. „Schwefeldioxid (SO2) -Emissionen nach Quellkategorien“). Gründe hierfür sind vor allem im Bereich der neuen Länder der Vollzug der Großfeuerungsanlagenverordnung mit ihren technischen Anforderungen zur Emissionsbegrenzung, der mit Betriebsstilllegungen und der wirtschaftlichen Umstrukturierung verbundene stark rückläufige Energiebedarf und der Einsatz von Brennstoffen mit geringerem Schwefelgehalt.

Hauptverursacher der SO2-Emissionen im Jahr 2009 waren die stationären Feuerungsanlagen der Kraft- und Fernheizwerke im Bereich der Energiewirtschaft (53,8 %) und die Industriefeuerungen im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes (9,2 %), obwohl alleine in diesen Bereichen die Emissionen seit 1990 um über 3,7 Mio. t gemindert werden konnten. Vergleichbar mit der Entwicklung im Verarbeitenden Gewerbe ist die im Bereich Haushalte und Kleinverbraucher (–0,79 Mio. t, Anteil im Jahr 2009: 14,2 %) (siehe Tab. „Emissionen ausgewählter Luftschadstoffe nach Quellkategorien“).

Weiterhin ist aus der Tabelle des Bundesumweltamtes ersichtlich, daß der Verkehr (incl. Landwirtschaft und Militär) in 1999 für 58% der Stickoxide verantwortlich war. Bis 2009 war dieser Wert bereits auf unter 45% abgesunken. UPI reklamiert hingegen 65%.

Die Kohlenwasserstoff-Emissionen, in der Tabelle des Bundesumweltamtes als „NMVOC: Flüchtige organische Verbindungen ohne Methan“, waren, wie aus der Tabelle ersichtlich,   in 1999 zu 20% dem Straßenverkehr zuzuordnen. UPI reklamiert 55%. Dieser Wert sank bis 2009 auf 17%. In absoluten Zahlen ergab sich ein Rückgang um die Hälfte.

Auch die Waldschadensberichte der Bundesregierung, die seit 1984 jährlich erhoben werden,  ergeben keinen Hinweis auf speziell durch Autoverkehr verursachtes Baumsterben. Die Zahl von drei toten sowie 30 kranken Bäumen  pro PKW kann somit getrost in das Reich der Märchen verwiesen werden.

Fazit: Die UPI-Veröffentlichung genügt nicht den einfachsten wissenschaftlichen Ansprüchen. Umso gefährlicher, wenn mit suggestiv aufgemachtem, verfälschten Material  junge Menschen im Sinne eines bestimmten politischen Weltbildes geprägt werden!!!

 Persönliche Anmerkung

Ich stelle für meine Person keinen wissenschaftlichen Anspruch. Ich habe zwar Mathematik, Physik und Wirtschaftwissenschaften mit einem Abschluss als Diplommathematiker studiert. Zudem hatte ich zu meiner Schulzeit Chemie als gymnasiales Leistungsfach. Und ganz nebenbei bewirtschafte ich einige Waldgrundstücke mit einer Gesamtfläche von  14 ha, das sind 140.000 qm.  Diese befinden sich zudem in ökologisch sensiblen, teilweise als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesenen Voralpenregionen in Höhen zwischen 800 bis 1000m. Daher verfolge ich auch mit persönlichem Interesse die jährlichen Waldzustandsberichte, über die man eine eigene Diskussion führen könnte. Aber das würde hier zu weit führen. Ein Schadensbild von 60% kranker Bäume kann ich für meine Wälder nicht bestätigen. Dabei nehme ich als  Maßstab für die Gesundheit das jährliche Wachstum der einzelnen Bäume, gut ablesbar an den Jahresringen. Ich möchte ungern übertreiben, aber nach den Holzzuwächsen der vergangenen Jahre strotzt unser Wald geradezu vor Kraft, wenn er erst einmal dem Äser des Rehwildes entwachsen ist. Der viel zu hohe Wildbestand in unseren Wäldern könnte übrigens auch im Biologieunterricht thematisiert werden. Siehe hierzu z.B.: http://www.bund-naturschutz.de/fakten/wald/jagd.html

Deshalb  hatte ich vor einiger Zeit den fraglichen Abschnitt in Ihrem Lehrwerk über Biologie interessiert gelesen. Als mir dabei Zweifel an der Plausibilität aufkamen, hinterfragte ich auch  das übrige Zahlenwerk. Das Ergebnis ist unsere Korrespondenz. 

Ich denke, dieser UPI-Bericht könnte ruhig weiter in Lehrbüchern der Oberstufe behandelt werden. Aber nicht in einem Lehrwerk über Biologie, sondern in Gesellschaftskunde. Und zwar im Sinne einer kritischen Text- und Quellenanalyse und Hinterfragen der Intention der Autoren…

Empfehlungen

Zunächst ein Kompliment: Das Lehrbuch ihres Verlages ist systematisch aufgebaut, gut lesbar, verständlich und vermittelt eine Fülle von Wissen. Die gesamte Aufmachung ist ansprechend. Es macht auch einem Erwachsenen Spaß, darin zu blättern und zu lesen. Dies ist ebenfalls der Eindruck aus einigen Gesprächen, die ich im Freundeskreis geführt habe. Von daher ist der Abschnitt über die „Ökobilanz von Fahrzeugen“ ein einsamer Ausrutscher.

Sie fragten mich nach „Empfehlungen“ für Ökobilanzen. Nun, auf derselben Seite des Lehrbuches wird z.B. die Weißblechdose behandelt. Hier könnte zum Beispiel eine vergleichende Ökobilanz, etwa mit der Aluminiumdose oder einer Glasverpackung als Einweg oder Mehrweg, ansetzen. Forschungsergebnisse  und Publikationen dazu sind sicher ohne großen Aufwand recherchierbar, zumal wenn durch vergleichende Ökobilanzen auch Handlungsalternativen aufgezeigt werden.

Oder aus der Lebenswirklichkeit unserer Schüler: Pizza alternativ mit Thunfisch, Salami oder einfach „Margherita“. Hier könnte man auf das Problem des Beifangs (Stichwort: Treibnetzfischerei!)  eingehen. Das wäre ein eigenes Kapitel wert.  

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Stellungnahme gedient zu haben. Ich bin gerne bereit, die Diskussion weiter fortzuführen.

Mit freundlichen Grüßen

4.     Antwort Cornelsen-Verlag  gesendet am Mi 28.09.2011

Sehr geehrter Herr Ulrich,

 vielen Dank für Ihre E-Mail.

 Ich leite Sie an Redakteurin und Autorin von Biologie Oberstufe weiter.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike P.

Cornelsen Schulverlage 


Passiert ist bis heute …. NICHTS!!!