Brief ohne Antwort

Diesen Brief hatte ich am 1. Dezember an eine stadtbekannte Persönlichkeit in Ratingen abgesandt. Es waren meine Anmerkungen zu einer Ansprache anläßlich einer Gedenkstunde am Volkstrauertag. Ich hatte keine schnelle Antwort erwartet. Mitte Januar erfuhr ich, daß Herr K. plötzlich verstorben ist. so möchte ich meine damals niedergeschriebenen Gedanken jetzt mit einer größeren Gemeinde teilen.  

Sehr geehrter Herr K.

Zunächst möchte ich Ihnen zu Ihrer gelungenen, besinnlichen Ansprache am Volkstrauertag in der evangelischen Kirche gratulieren.

Eines ließ mich aufhorchen: Sie begrüßten in Ihrer Ansprache die „Ratsvertreter der demokratischen Parteien“. Wollten Sie damit andeuten, daß es auch „undemokratische“ Parteien im Rat von Ratingen gibt? Falls ja: Damit hätten Sie exakt den Narrativ der Altparteien bedient. Jener Parteien, die für die jetzigen Zustände in diesem Land verantwortlich sind.  Und Sie hätten mich als Ratsvertreter der AfD und Nachfolger von Werner Kullmann mit Ihrer Begrüßungsformel ausdrücklich ausgeschlossen.   Denn die Floskel der „demokratischen Parteien“ steht für die Ausgrenzung der ungeliebten AfD.

Sie kannten unseren verstorbenen Fraktionsvorsitzenden Werner Kullmann; Sie hatten Kontakt; Sie waren auf seiner Beerdigung. Ihre Wortwahl verunglimpft nicht zuletzt auch das Andenken an Werner Kullmann.

Ich habe Ihre Ansprache aufmerksam verfolgt und Ihren geschilderten Werdegang gedanklich mit meiner Vita verglichen. Sie sind Jahrgang 1960, waren friedensbewegt, haben den Zivildienst dem Wehrdienst vorgezogen und waren mit dabei als gegen den Nato-Doppelbeschluss vor über vierzig Jahren demonstriert wurde. Das war Trend, so machten es viele von Böll über Lafontaine bis hin zu Willy Brandt. „Lieber rot als tot“, so lautete die Parole. Nicole sang von „ein bisschen Frieden“ und aus den WDR-Sendestuben schallte die Botschaft: „Die weißen Tauben sind müde“.

Ich bin etwas älter als Sie (Jahrgang 1950) und trat am 1. Oktober 1968 meinen Wehrdienst an. Es war damals etwas voller als üblich in den deutschen Kasernen. Im August hatten sowjetische Panzer die Grenze zur damaligen Tschechoslowakei niedergewalzt und dem Prager Frühling ein jähes Ende bereitet. Im Westen war man unsicher wie es weitergehen würde. Und so wurden die Rekruten eben nicht zum Ende der regulären Dienstzeit entlassen. Sie mussten noch ein paar Tage länger dienen.  Man konnte ja nicht wissen, ob die Panzer nicht noch weiter nach Westen rollen würden. Gottseidank entspannte sich später die Situation.

Späte Siebziger Jahre: Ich war stets ein aufmerksamer Beobachter des Zeitgeschehens. Die massive Aufrüstung der Sowjetunion mit den gegen Europa gerichteten Mittelstreckenraketen vom Typ SS20 wurde damals von den verantwortlichen Politikern mit großer Sorge beobachtet. Es war das Verdienst von Helmut Schmidt, der den damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter massiv ins Gewissen redete um hier endlich etwas zu unternehmen. Das Resultat war der Nato-Doppelbeschluss; im Wesentlichen getragen von George Bush, Margret Thatcher und Helmut Schmidt. Helmut Kohl setzte die Politik von Helmut Schmidt fort. Der Lohn der Standhaftigkeit des Westens: Die Sowjets zogen ihre SS20 zurück; im Umkehrschluss verzichtete die NATO auf die Pershings. Es waren eben nicht die Friedensbewegten, die Europa von der atomaren Bedrohung   erlöst hatten, sondern die genannten Politiker. Die Friedensbewegten, somit auch Sie, die übrigens insgeheim aus dem Ostblock unterstützt wurden, waren vielmehr der Sand im Getriebe.  Die Beharrlichkeit des Westens, wo inzwischen Ronald Reagan einen konsequenten Kurs gegen die „Achse des Bösen“ steuerte, führte letztlich bei den Sowjetführern zur Einsicht, daß ein Wettrüsten gegen den Westen nicht gewonnen werden konnte. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Perestroika; der Fall des Eisernen Vorhangs; die Wiedervereinigung. Sie, Herr K., standen auf der falschen Seite. Gut gemeint, aber schlecht gemacht. Übrigens: Am 26. Dezember 1979 rollten russische Panzer über die Grenze nach Afghanistan. Die Kabuler Führung wurde von sowjetischen Besatzern hingerichtet. Die olympischen Spiele in Moskau 1980 fanden ohne westliche Athleten statt. Soweit ich mich erinnere, zeigte sich die damalige deutsche Friedensbewegung wenig beeindruckt vom russischen Angriffskrieg gegen Afghanistan.

Vor drei Jahren hatten Sie es vermutlich auch gut gemeint. Da ließen Sie sich am 19.2.2020 von der RP zitieren: „G. K. (Name gekürzt, Red.) von der Ratinger FDP zeigte sich ähnlich eingestellt: „Es geht darum, Haltung zu zeigen gegen eine gefährliche Partei, die die Grundsätze der bürgerlichen Gesellschaft zu unterminieren versucht.“  Das war schon damals so falsch wie es heute ist. Immer mehr Menschen erkennen, daß dieses Land einen falschen Kurs steuert. Wir von der AfD halten dagegen. Weil wir die freiheitliche, bürgerliche Gesellschaft auch für die Zukunft bewahren wollen. Wir folgen ausdrücklich nicht der von Rot-Grün vorgegeben Marschrichtung: „Dieses Land wird sich verändern und zwar drastisch“. Nein, das ist nicht unser Plan.  Frankreich mit seinen über siebenhundert Banlieues ist ein abschreckendes Beispiel und ein Menetekel für unser Land.

Herr K., Sie sind gerne eingeladen bei einem unserer nächsten Informationsabende zu Gast zu sein. Machen Sie sich selbst ein Bild. Dann können Sie gerne urteilen.

Mit freundlichen Grüßen Bernd Ulrich

Schade, dieser Einladung kann er nun nicht mehr Folge leisten. Ob er überhaupt dieser Einladung gefolgt wäre? Wie dem auch sei; möge er in Frieden ruhen.  

Es war nicht mein erster Kommentar zu einer in Ratingen gehaltenen Predigt anlässlich des Volkstrauertags. Viele Prediger können einfach nicht der Versuchung widerstehen, das Totengedenken nicht für sich stehen zu lassen, sondern der Tagespolitik zu unterwerfen:  https://briefe-von-bernd.blog/2019/11/17/volkstrauertagspredigt/

PS.: Was mir noch einfiel: Ob sich Herr K. und unser vor zwei Jahren verstorbener Werner Kullmann im Jenseits begegnen? Sie kannten sich ja aus gemeinsamen Tagen der Bruderschaft. Bei Stöbern fand ich noch zwei Briefe von Werner Kullmann. Ich weiß nicht, ob, und wenn ja, welche Antwort Werner Kullmann erhalten hat.  Ich hatte die Briefe damals im Auftrag von Werner Kullmann veröffentlicht: https://alternative-ansichten.com/2022/01/26/das-schweigen-der-schutzen/

Bruderschaft-1

Bruderschaft-2

Bruderschaft-3


2 Kommentare on “Brief ohne Antwort”

  1. Anonymous sagt:

    Ekelhafter Kommentar als Nachruf auf einen Mann der sie vom Ratinger Schützenfest ausgeladen hat, muss sie ja wirklich getroffen haben…..

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