Wolfgang Schäuble: Ein alternativer Rückblick

Wir schreiben den Dreikönigstag 2024. Am zweiten Weihnachtsfeiertag verstarb Wolfgang Schäuble. Gestern wurde er beerdigt; am 22. Januar soll ein Staatsakt im Reichstag stattfinden.

Dies hier soll kein weiterer Nachruf auf den prominenten CDU-Politiker sein. Deren gab und gibt es viele. De mortuis nihil nisi bene. Die glaubhafteste Würdigung, die ich gelesen habe, stammt von Klaus Kelle, jenem Journalisten und Kolumnisten, der vor zehn Jahren als letztes verbliebenes und nun überflüssiges konservatives Feigenblatt bei der Rheinischen Post „entsorgt“ wurde. Hier:  https://denken-erwuenscht.com/pflichterfuellung-und-loyalitaet-nachruf-auf-einen-aussergewoehnlichen-politiker-danke-wolfgang-schaeuble/

Zweifellos war der Schwabe Wolfgang Schäuble eine herausragende Persönlichkeit. Trotz seiner Querschnittslähmung setzte er seine politische Karriere mit dem ihm innewohnenden Ehrgeiz unbeirrt fort: Fraktionschef, Parteivorsitz, Innenministerium, Finanzminister, Bundestagspräsident. Die höchsten politischen Ämter, die er anstrebte, blieben ihm allerdings versagt. Seine Kanzlerschaft wurde durch Helmut Kohl verhindert und Angela Merkel vereitelte seine Kandidatur zum Bundespräsidenten.

Aber taugt der Ausnahmepolitiker Schäuble als Vorbild?   Unwillkürlich kommen mir einige Schlagworte in den Sinn: Spendenaffäre, Schmiergeld, Schande, Inzucht, „Verantwortungsloser  Unsinn“, „Beschiss“. Verzeihung: Es war Wolfgang Schäuble selbst, der wörtlich eingestand: „Auch wir bescheissen ….“ Es ist nicht mein Vokabular. Mehr dazu unten. Aber eines nach dem anderen:

Die Spendenaffäre und die Opferung der Brigitte Baumeister. Es ist die Posse um die Hundertausend-DM-Spende des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-ominoese-schreiber-spende-eine-100-000-mark-frage-a-148183.html   Die Darstellungen von Fraktionschef Schäuble und seiner Schatzmeisterin widersprachen sich diametral; beide wurden vor dem Untersuchungsausschuss vereidigt, somit wurde ein Meineid geleistet. Ob von Schäuble oder Frau Baumeister, das wurde nie geklärt. https://rp-online.de/politik/schaeubles-wochenlanger-psychokrieg-mit-brigitte-baumeister_aid-8293907  Die kluge, intelligente und stets aufrichtige und bis dahin untadelige, sympathische Schatzmeisterin wurde geopfert; ihre politische Karriere war beendet. Schäubles Werdegang bekam lediglich eine Delle. Schäuble war wichtiger für die Zukunft der CDU als eine Frau Baumeister. Die bitter enttäuschte Brigitte Baumeister verarbeitete 2004 ihre Erlebnisse in einem Buch: „Der Preis der Macht“. Parteichefin Merkel war darüber wenig erfreut. Baumeisters Buchtitel erinnerte mich an ein anderes Werk: „Der Preis des Schweigens“.  Geschrieben im Jahre 1999 von Eberhard von Brauchitsch. Auch in dieser Schrift geht es um Spendengelder für die CDU.  Schmiergeld? Nicht doch!  Aber die Waffengeschäfte des Karlheinz Schreiber liefen stets wie geschmiert. Ob das wohl auch an den großzügigen Parteispenden lag?

Die Schande. Direkt nach der Gründung der AfD bezeichnete Schäuble die junge Partei als „Schande für Deutschland“. Das war im Jahre 2014, da war noch Professor Lucke Parteichef und der ehemalige Industriepräsident Olaf Henkel im Präsidium.  Ich habe das damals persönlich genommen: https://briefe-von-bernd.blog/2014/12/22/ich-bin-eine-schande-fur-deutschland/

Die Inzucht.  Wolfgang Schäuble begrüßte die Zuwanderung aus kulturfremden  Weltregionen mit genetischen Argumenten: https://www.faz.net/aktuell/politik/wolfgang-schaeuble-abschottung-wuerde-europa-in-inzucht-degenerieren-lassen-14275838.html

Verantwortungsloser Unsinn. Das war der Kommentar des Finanzministers Schäuble zum Bestseller Thilo Sarrazins: „Deutschland schafft sich ab“ aus dem Jahr 2010. Der Clou: Dr. Sarrazin war zu der Zeit Bundesbankpräsident und sollte damit zum Abschuss freigegeben werden. Schäuble tute damit pauschal in das gleiche Horn wie Frau Merkel, die das Buch als „nicht hilfreich“ bezeichnet hatte. Den Beleg für die Unsinns-Unterstellung des akribisch recherchierten Werkes bleibt Schäuble, wie auch alle übrigen Sarrazin-Kritiker, zeitlebens schuldig.

Beschiss: https://briefe-von-bernd.blog/2012/08/28/wolfgang-schauble-auch-wir-bescheisen-gelegentlich-auch-wir-verstosen-gegen-regeln/

Einfach frappierend, wie unumwunden Schäuble damit die griechische Betrügerei um den Euro-Beitritt Griechenlands verharmlost und gleichzeitig die Vertragsbrüchigkeit der Bundesregierung bagatellisiert. Erfrischend!

FAZIT: Schäuble war stets ein loyaler Mann der CDU. Zuerst die Partei, dann das Land. Ohne solche linientreuen Funktionäre funktioniert kein Machterhalt irgendeiner Regierung oder eines Regimes.

Schäuble hätte in den letzten Jahren die Autorität seines Amtes nutzen können um der Demokratie und den deutschen Volk dienstbar zu sein. Er hatte die Chance, sich gegen eine selbstzerstörerische Politik zu stellen die dem Land Schaden zufügt.  Sein Wort als Elder Statesman hätte Gewicht und Wirkung gehabt. Stattdessen hat auch er das Seinige getan um kritische Stimmen und eine ungeliebte Opposition mit unlauteren Mitteln zu bekämpfen.  Schade. Ungeachtet seiner langen zurückliegenden Verdienste um die deutsche Einheit. Siehe oben bei Klaus Kelle.


2 Kommentare on “Wolfgang Schäuble: Ein alternativer Rückblick”

  1. Anonymous sagt:

    Herr Schäuble hat sicher im Leben viel durchgemacht und trotzdem unermüdlich in der Politik gearbeitet. Aber es ist gut, daß auch über sein ideologisches Wirken gesprochen wird, das leider typisch ideologisch war.
    08.01.2024 Hans Albrecht

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  2. Anonymous sagt:

    Einen Autor oder Sportler bewerte ich nach seiner besten Tat, einen Politiker nach seiner dümmsten.
    Ich hätte W. Schäuble gern nach seiner Pro-Berlin-Rede bewertet, aber leider, leider …

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