Keine Personenschäden in Fukushima!

 

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Unglaublich: zwei Jahre nach dem Reaktorunglück immer noch keine Personenschäden! Keine Toten, keine Strahlenkranken, keine Missbildungen. Das ist doch wohl eine erfreuliche Nachricht!

Unbegreiflich: Da gibt es den Super-GAU, da flimmern über die Fernsehkanäle die Bilder von explodierenden Reaktorgebäuden. Und den Menschen passiert …. nichts??

 Ja, wenn es denn unseren Medien eine Nachricht wert wäre. Unsere geschulten Katastrophenjournalisten zeichnen nämlich ein ganz anderes Bild. Mal war da von →Todgeweihten die Rede, dann von einem missgebildeten →Keinohrhasen in Fernost.   Oder →mutierte Schmetterlinge. Nicht zu vergessen der verseuchte Fisch und der kontaminierte Reis.  Und unsere besorgte Regierung warnte seinerzeit sogar vor Reisen nach Japan:  →hier.

Und nun? Zwei Jahre später? Menschliche Opfer? Fehlanzeige! Bis jetzt. Gottseidank. Die Aufräummannschaften, die Anwohner, sie alle erfreuen sich noch bester Gesundheit. Selbst bei den beiden Arbeitern, denen radioaktiv verseuchtes Wasser in die Stiefel gelaufen war, sind bisher noch keine Anzeichen einer Strahlenkrankheit aufgetreten.   Und so gibt es denn auch immer noch  keine Bilder von glatzköpfigen Strahlenkranken, als Sondermüll entsorgten Urnen, trauernden Angehörigen. Eigentlich hätte das jeden kritischen Beobachter unserer Medienlandschaft stutzig machen müssen.

 Ich wollte es genau wissen und wandte mich am 15. Januar 2013 an verschiedene amtliche Stellen mit einen gleichlautenden Schreiben:

 Sehr geehrte Damen und Herren,

   ich arbeite an einem Essay zur Rezeption des Reaktorunglücks von Fukushima in der deutschen Medienlandschaft. Hierzu gibt es eine Fülle an Material. Was ich bisher nicht gefunden habe sind Berichte über Strahlenopfer, seien es Todesfälle, Erkrankungen oder Missbildungen. Lässt sich daraus schließen, daß bis jetzt keine Erkrankungen im Zusammenhang mit der Katastrophe nachgewiesen wurden? Falls Ihnen diese Informationen nicht vorliegen: Wer könnte darüber Auskunft geben?

 Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen, mit freundlichen Grüßen   

Meine Adressaten:

1.       Gesellschaft für Reaktorsicherheit

2.       Bundesamt für Strahlenschutz

3.       Helmholtz-Institut für Strahlenschutz

 Hier ein Auszug aus der  Antwort der Gesellschaft für Reaktorsicherheit, vertreten durch ihren  Pressesprecher Sven Doktor:

 Nach meiner Kenntnis sind durch den Tsunami und während der anschließenden Arbeiten auf der Anlage einige Mitarbeiter zu Tode gekommen, allerdings – so die Informationslage – nicht infolge strahlungsbedingter Gesundheitsschäden. Im Hinblick auf kurzfristige gesundheitliche Folgen(fachsprachlich die „deterministischen Schäden“, z. B. Symptome der Strahlenkrankheit) ist mir ein Fall in Erinnerung, in dem zwei Mitarbeiter auf der Anlage Ende März 2011 im Bereich der Füße/ Unterschenkel mit hochkontaminiertem Wasser in Berührung gekommen waren; nach Medienberichten sollen diese dabei strahleninduzierte Verbrennungssymptome (sog. „beta-burns“) erlitten haben, nach offiziellen Quellen soll hingegen keine Gesundheitsbeeinträchtigungen festgestellt worden sein.

 Naja, vielleicht weiß es ja das Bundesamt für Strahlenschutz besser. Die Antwort der Pressereferentin am 16.1.2013:

 Sehr geehrter Herr Ulrich,

außer dem von Ihnen erwähnten Fall der beiden Mitarbeiter, sind uns nach jetzigem Kenntnisstand keine direkten Strahlenschäden bei Personen im Zusammenhang mit dem Reaktorunfall in Fukushima bekannt. Die langfristigen Auswirkungen sind zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu benennen.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiter geholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.

 Mit freundlichen Grüßen

i.A. M. H.

 Bundesamt für Strahlenschutz

Also auch nichts.  Das Helmholtz-Institut antwortet am 16. Januar kurz und bündig:

 Sehr geehrter Herr Ulrich

In den nächsten Tagen wird ein Bericht der WHO zu den Gesundheitseffekten durch den Reaktorunfall von Fukushima erscheinen.

Mit freundliche Grüßen

 Dr. Peter Jacob Director (act.) Institute of Radiation Protection

Aber unsere Katastrophenjournalisten sind ja guter Hoffnung: Da kommt bestimmt noch was. Wenn nicht bis jetzt, dann eben später. Nun ja, es gab ja den Reaktorunfall von Tschernobyl im April 1986, also vor nunmehr fast 27 Jahren. Da müssten doch Erfahrungen vorliegen. Wie viele Spätschäden gab es da eigentlich?

Das Ergebnis vorweg: Es gab ca. 6000 Fälle von Schilddrüsenkrebs bei Kindern. Da ein erkannter Schilddrüsenkrebs gut zu behandeln ist blieb es bei zwanzig Todesfällen. Weitere Spätfolgen: Keine. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat im Auftrag der Vereinten Nationen dazu einen ausführlichen Bericht  erstellt. Wer ihn lesen will, er  findet  sich hier: http://www.unscear.org/docs/reports/2008/11-80076_Report_2008_Annex_D.pdf

 Dieser Report liegt in den Sprachen Englisch, Französisch und Russisch vor. Nicht in Deutsch. Ob er deswegen von der deutschen Medienlandschaft nicht zur Kenntnis genommen wurde?

Die Wissenschaftler hingegen  kennen den UNSCEAR-Bericht. Ich wandte mich erneut an Dr. Jacob, den Leiter des Helmholtz-Institutes:

Sehr geehrter Herr Dr. Jacob,

haben Sie herzlichen Dank für die prompte Antwort. Für den Fall, daß der genannte Bericht der WHO nicht durch die Medien geht, wäre ich für einen kurzen Hinweis  zur Quelle dankbar, sobald er Ihrem Institut vorliegt.

Noch eine Frage zur WHO: Diese hat zu Tschernobyl die nachfolgende Feststellung abgegeben:

 Die WHO hat im Jahr 2006 die gesundheitlichen Auswirkungen des Reaktorunfalls bewertet und in zwei bahnbrechenden Berichten zusammengefasst, die dann vom Tschernobyl-Forum der Vereinten Nationen veröffentlicht wurden. Der Wissenschaftliche Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung (UNSCEAR) hat die Ergebnisse vor kurzem überprüft und aktualisiert.

 Aus:

http://www.euro.who.int/de/who-we-are/regional-director/news/news/2011/04/chernobyl,-25-years-on-whoeurope-renews-support-for-the-people-affected-and-builds-on-the-lessons-learned

 In der Zusammenfassung des UNSCEAR-Berichtes, auf den die WHO Bezug nimmt, finden sich u.a. die nachfolgenden Feststellungen:  

 There is no scientific evidence of increases in overall cancer incidence or mortality rates or in rates of non-malignant disorders that could be related to radiation exposure. The incidence of leukaemia in the general population, one of the main concerns owing to the shorter time expected between exposure and its occurrence compared with solid cancers, does not appear to be elevated. Although those most highly exposed individuals are at an increased risk of radiation-associated effects, the great majority of the population is not likely to experience serious health consequences as a result of radiation from the Chernobyl accident. Many other health problems have been noted in the populations that are not related to radiation exposure.

 Und weiter im Text:

Apart from the dramatic increase in thyroid cancer incidence among those exposed at a young age, and some indication of an increased leukaemia and cataract incidence among the workers, there is no clearly demonstrated increase in the incidence of solid cancers or leukaemia due to radiation in the exposed populations. Neither is there any proof of other non-malignant disorders that are related to ionizing radiation. However, there were widespread psychological reactions to the accident, which were due to fear of the radiation, not to the actual radiation doses.

There is a tendency to attribute increases in the rates of all cancers over time to the Chernobyl accident, but it should be noted that increases were also observed before the accident in the affected areas. Moreover, a general increase in mortality has been reported in recent decades in most areas of the former Soviet Union, and this must be taken into account when interpreting the results of the accident-related studies.

Aus:

 http://www.unscear.org/unscear/en/chernobyl.html

 Diese Aussagen stehen diametral entgegen zu anderslautenden Äußerungen etwa von Greenpeace, NABU, BUND und anderen Umweltorganisationen. Meine Frage: Handelt es sich hierbei um eine wissenschaftliche oder eher eine politische Kontroverse?

 Besten Dank, mit freundlichen Grüßen

Die Antwort von Dr. Jacob, datiert am 17. Januar 2013:

 Sehr geehrter Herr Ulrich

Die wissenschaftlichen Fakten sind relativ klar. UNSCEAR und WHO beschränken sich darauf nur diese darzustellen. Das Problem liegt bei niedrigen Dosen. Unter Abwägung der publizierten Studien liegt hier keine Evidenz für Gesundheitsschäden vor. Jedoch unter Verwendung der Annahme, dass man das Wissen über Gesundheitsrisiken bei mittleren (0,1-1 Sv) oder hohen Dosen (> 1 Sv) auch auf niedrige Dosen extrapolieren darf, kann man beliebigen Anzahlen von Krebsfällen ausrechnen, da ja erhebliche Bevölkerungsgruppen mit niedrigen Dosen exponiert wurden. Und so kann man sich herrlich über die Konsequenzen des Tschernobylunfalls streiten.

So ist es also. Im Klartext: Man kann herrlich streiten, aber nur, wenn man die wissenschaftlichen Fakten außer Acht lässt. Man beachte die kaum verhüllte Ironie des Wissenschaftlers.

Ein wunderschönes Beispiel zur Desinformation findet sich hier: http://www.n-tv.de/politik/Zehntausende-Krebsfaelle-zu-erwarten-article10248721.html

Wo leben wir hier eigentlich?

Es geht nicht darum, Fukushima oder Tschernobyl zu verharmlosen. Schlimm genug, daß in Japan eine Fläche von der Größe des Bodensees bis auf weiteres für menschliche Besiedlung gesperrt ist. In Tschernobyl sind es noch einige Quadratkilometer mehr. Aber man sollte Vergleiche anstellen. Durch den Tsunami in Japan kamen  20.000 Menschen ums Leben. In deutschen Hospitälern sterben jährlich 15.000 Menschen an Krankenhausinfektionen.   In Tschernobyl gab es in einen Vierteljahrhundert deutlich  weniger als hundert Tote. In Fukushima bis jetzt keine. Alles andere sind Luftnummern. Oder Hoffnungswerte erwartungsfroher Katastrophenjournalisten.

Übrigens: Pünktlich zum  zweiten Jahrestag gibt nun auch einen Bericht der WHO zu Fukushima:

http://www.who.int/ionizing_radiation/pub_meet/fukushima_report/en/index.html

Ich freue mich auf Kommentare.

Euer

Bernd


One Comment on “Keine Personenschäden in Fukushima!”

  1. […] Siehe oben.  Tschernobyl gilt als die größte zivile Reaktorkatastrophe. Nach dem Bericht der Weltgesundheitsorganisation starben durch direkte Strahleneinwirkung weniger als etwas hundert Menschen. 6000 Bewohner der Ukraine, vorwiegend Kinder, erkrankten an Schilddrüsenkrebs, davon starben etwa 20. Gleichwohl beharren deutsche öffentlich-rechtliche Medien auf tausenden von Opfern (Tagessschau vom 26.4. 2016), engagierte Organisationen erzählen von Millionen Opfern. Wie sich diese Diskrepanzen  erklären habe ich an anderer Stelle dokumentiert: https://briefe-von-bernd.blog/2013/03/10/keine-personenschaden-in-fukushima/ […]

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