Mit Verlaub: Reinhold Michels zum Abschied

Reinhold Michels hat sich verabschiedet. Die letzte wertkonservative Stimme in der Rheinischen Post ist nun nicht mehr. Schon vor Jahren musste der ihm wesensverwandte Klaus Kelle bei der RP  seinen Abschied nehmen.

Reinhold Michels hat mir nie auf meine Briefe geantwortet.  Dabei hatte ich ihn oft direkt angeschrieben. Ich habe nämlich seine Aufforderung: „Schreiben Sie dem Autor“ ,  die übliche Floskel in der Tageskolumne, ernst genommen. Natürlich habe ich längst nicht alles kommentiert, was Herr Michels so im Laufe der Zeit zu Papier gebracht hat. Denn das Meiste konnte man einfach kommentarlos stehen lassen.

Ich nehme ihm sein Schweigen zu meinen Zuschriften nicht übel. Vollprofis hinterlassen nun mal keine Spuren; erst recht keine schriftlichen. Vermutlich hat er im Laufe seines Schaffens tausende an Leserbriefen bekommen. – Meine Kommentare wurden naturgemäß weniger, nachdem in unserem Haushalt das RP-Abo im September 2017 gekündigt wurde. Die täglichen Stänkereien  gegen die AfD hatten ein unerträgliches Ausmaß angenommen und waren einfach nicht mehr auszuhalten. Herrn Michels will ich da ausdrücklich ausnehmen. In der Chor der Mitläufer hatte er, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht mit eingestimmt.

Vieles von dem, worüber Michels geschrieben hat, ist zeitlos und immer noch aktuell und lesenswert. Die Zustände in diesem Land haben sich ja nicht gebessert, ganz im Gegenteil.  Eigentlich könnte er sich jetzt der Alternative für Deutschland anschließen. Als Rentner braucht er schließlich keine Rücksichten mehr auf den alten Arbeitgeber zu nehmen oder Mobbing und Ausgrenzung von Kollegen zu fürchten. Ein Aufnahmegesuch würde ich mit hoher Wahrscheinlichkeit befürworten; das obligatorische Bewerbungsgespräch sowie die gegengezeichnete  Kenntnisnahme der elfseitige  Unvereinbarkeitsliste mit extremistischen Organisationen könnten wir uns eigentlich sparen.

Nur eines war in seiner letzten Kolumne schlichtweg gelogen: Da steht nämlich im Bezug auf die RP wörtlich: „Als leitender Redakteur hat er ihre politische Haltung mitgeprägt“.  Schön wär’s. Allerdings stammt diese Unwahrheit nicht von ihm persönlich sondern von seinen Redaktionskolleg*Innen.  Eine formelle, nichtssagende Höflichkeitsformel wie in einem Austrittszeugnis.

Nachfolgend habe ich  meine gesammelten Zuschriften zu seiner Kolumne chronologisch absteigend aufgezählt. Ich wünsche allen gute Unterhaltung bei der Lektüre und Herrn Michels einen erholsamen Ruhestand!

Herzliche Grüße, Ihr  Bernd Ulrich

RP 3. Juli: Abschied

Luther ein „scharfer Antisemit“? 18.Juni 2020-07-11

Eines seiner letzten lesenswerten Werke  beschäftigte sich mit den AntiRassist*Innen:  https://rp-online.de/politik/wenn-der-rassismus-hammer-kreist-sind-auch-die-groessten-nicht-sicher_aid-51709953

 Sehr geehrter Herr Michels,

Sie bezeichnen in Ihrer Kolumne vom 18. Juni Martin Luther als „scharfen Antisemiten“. Dem ist entschieden zu widersprechen, auch wenn eine Ex-Bischöfin, aktenkundige Trunkenheitsfahrerin und Luther-Beauftragte in das gleiche Horn tutet. In der aktuellen Diskussion sollte man sauber unterscheiden zwischen Antisemitismus, Antijudaismus und Antizionismus,  auch wenn dies gelegentlich absichtsvoll verwischt  wird.

Luther dachte nicht rassischen Kategorienen wie etwa die Nationalsozialsten. Für ihn, seine Glaubensbrüder wie auch für die Juden selbst  waren alle Menschen Nachkommen von Adam und Eva. Martin Luther war Antijudaist, aber kein Antisemit. Das hatte seinen einfachen Grund: Der gealterte  Begründer des Protestantismus  ärgerte sich über die Glaubensjuden, weil sie seinem Weg zum Christlichen Glauben ohne sich der katholischen Amtskirche zu unterwerfen einfach nicht folgen wollten. Niemals wäre es Luther in den Sinn gekommen, Konvertierte wie etwa eine neuzeitliche Edith Stein wegen ihrer Herkunft zu hassen oder gar zur verfolgen. Nach seiner Überzeugung wurde jedermann und jede Frau durch Taufe und Bekenntnis Mitglied in der Gemeinde Christi. Ganz ohne Rassismus.

Reinhold Michels am 23.2.2018: Signale

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/buerger-hoert-die-signale_aid-20653245

Sehr geehrtes Redaktionsteam,

Nazi-Vergleiche sind üblicherweise die unterste Stufe der politischen Auseinandersetzung. Erstaunlich, daß der Autor  so tief in die verpönte Schmuddelkiste greift um eine Aschermittwochsrede in der sächsischen Provinz zu kommentieren. Dabei läuft die von ihm gezogene Parallele gefährlich schief: Abgesehen davon, daß Goebbels berühmt-berüchtigte  Berliner Sportspalastrede vom „Totalen Krieg“ weder vom Zeitpunkt noch von Inhalt noch von der Zielsetzung noch vom Publikum in irgendeiner Weise  vergleichbar ist mit den Äußerungen zum Karnevalsausklang in einem sächsischen Bierzelt: Das merkt jeder noch so Begriffsstutzige, der das überlieferte Filmmaterial von einst mit dem aktuellen YouTube-Video vergleicht. In der Phantasie des Reinhold Michels gehen schlichtweg die Pferde durch: Träumt er doch davon, daß nach der Poggenburg-Rede die Zuhörer anschließend türkische Läden hätten plündern können. Was für ein Blödsinn. Wenn in diesem Land jemand plündert, dann sind es die sogenannten Linksautonomen. Siehe etwa G20 in Hamburg oder EZB-Einweihung in Frankfurt.

Nun hat jede Geschichte eine Vorgeschichte, und die wurde in der Rheinischen Post“ leider unterschlagen: Denn kurz zuvor hatte  Gökay Sofuoglu, Funktionär  der „Türkischen Gemeinde in Deutschland  e.V.“,  eines Vereins mit ca. 60.000 organisierten Mitgliedern, sich wie folgt geäußert: „Den Begriff Heimat … auf den politischen Kontext zu übertragen, halten wir nicht nur aufgrund der deutschen Vergangenheit für problematisch.“ – Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/29650786 ©2018

Das war eine bewusste Provokation.  Ein geschulter Berufsfunktionär sagt so etwas nicht einfach daher, die Wirkung war kalkuliert und ließ nicht lange auf sich warten.  Denn das Wort „Heimat“ bewegt die Gefühle. Nicht von ungefähr gibt es hierzulande  Heimatvereine, Heimatlieder, Heimatmuseen und  Heimatvertriebene.   Ein großer Gewerkschaftskonzern nannte sich einstmals „Neue Heimat“. Und nun kommt jemand, der erst im Alter von 18 Jahren nach Deutschland eingewandert ist,  und will denen, die hierzulande ihre angestammte Heimat  haben, diesbezügliche Sprachvorschriften machen. Mit erhobenen Zeigefinger und dem Hinweis auf die Nazi-Verbrechen.  Die Reaktion aus dem Osten der Republik war vorhersehbar und fiel in ihrer Wortwahl drastisch aus.  Wohlgemerkt: An die Adresse jenes Vereins,  der gerade mal ein Prozent der hier lebenden Türkischstämmigen repräsentiert.

Apropos Joachim Fest: Sein Sohn Nicolaus Fest ist überzeugter AfD-Politiker. Seine regelmäßigen Wochenrückblicke auf YouTube genießen bei Eingeweihten Kultstatus. Dem Vater, der stets dem  Konservative zugeneigt war,  hätte es gefallen.

 Mutige Strafrichter: Kolumne vom 15.12. 2017

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/ein-hoch-auf-zwei-zornige-aber-mutige-strafrichter_aid-20707305

Sehr geehrter Herr Michels,

herzlichen Glückwunsch zu Ihrer gelungenen Kolumne! Ich hatte vor einiger Zeit etwa 70 Exemplare des Buches von Kirsten Heisig erworben und im Freundes- und Bekanntenkreis verschenkt. Die Reaktion hat  mich überrascht: Nur etwa jeder fünfte hat sich überhaupt zum Inhalt des Buches gemeldet. Einige haben bewusst kundgetan, es nicht lesen zu wollen. In einem Fall bekam ich sogar eine wütende Rückmeldung: Eine Frechheit, ein solches Buch überhaupt zu verschenken.  Mit der Retourkutsche in Form eines ernstgemeinten Blog-Beitrages, wie herrlich sich doch das Zusammenleben im Multikulti gestaltet. – Die  Verdrängung unliebsamer Fakten ist in unserer Gesellschaft eben weit verbreitet, auch beim sogenannten Bildungsbürgertum.

Worüber ich immer noch nachdenke: Ich kenne ernstzunehmende Leute aus Berliner Justizkreisen, die felsenfest davon überzeugt sind, daß Kirsten Heisig nicht freiwillig aus dem Leben schied.

Ich wünsche Ihnen besinnliche Adventstage und eine Frohe Weihnacht, herzliche Grüße

Deutschlands Paradebranche: 18. August 2017

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/ein-hoch-auf-deutschlands-paradebranche_aid-17878047

Sehr geehrter Herr Michels,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre klaren Worte: „Nähmen sich doch die Besserwisser in der Politik nur einen Bruchteil jener Zeit zum Nachdenken …“

Ihre Kolumnen in der  RP sind Lichtblicke, die sich wohltuend von der  Dunkelheit  ringsum abheben.

Die Kanzlerin, die stets erst abwartet, wohin sich der Wind dreht, ist inzwischen auf den gleichen Zug aufgesprungen.  Gut so.

Zeit für Law and Order 9. Juni 2017

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/zeit-fuer-law-and-order_aid-19478739

Sehr verehrter Herr Michels,

danke für diese wohltuenden Worte in Ihrer heutigen Kolumne. Ehrlich gesagt – wenn’s nicht schwarz auf weiß in der RP gestanden hätte.., ich hätt’s nicht mehr für möglich gehalten!

Aber die Frage bleibt – wieso ist erst jetzt Zeit für rechtsstaatliches Handeln. Jetzt, wo wir ca. 570.000 nicht sicher identifizierbare, oder illegale, mehrfach gemeldete Zuwanderer im Lande haben, die zwar rechtlich kein Aufenthaltsrecht hier haben aber praktisch nicht mehr abgeschoben werden können. Wäre sicher interessant auch von Ihnen bzw. vom Redaktionsteam der RP dazu mal was zu hören oder mal Hintergrundberichte über die wahren Kosten dieser Völkerwanderung, von den Zuständen in den Haftanstalten, den Abschiebeprozessen und dem Tätigkeitsalltag bei den Migrationsbehörden & Polizeibehörden zu lesen.

Ihr Chefredakteur schreibt heute, dass ein Chef einer Polizeibehörde immer erst dem Recht und dem Rechtsstaat verpflichtet ist – dies hätte er längst auch der Kanzlerin, immerhin Chefin der vollziehenden Gewalt, ins Stammbuch schreiben können – wenn bereits schon führende Staatsrechtler – leider im Ruhestand oder unabhängig – die Nichtbeachtung dieser Grundsätze beklagt und öffentlich gemacht haben.

Warum tut das die führende unahängige Zeitung des Rheinlandes einfach nicht?

Mit freundlichen Grüssen Joachim Frölich (Dipl.-Verwaltungswirt)

Parusel kämpft für alle Lehrer 6. Januar 2017

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/parusel-kaempft-fuer-alle-lehrer_aid-19070685

Sehr geehrter Herr Michels, Alles Gute zum Neuen Jahr!

Hundert Prozent Zustimmung für Ihre Kolumne. Bleibt nachzutragen, daß die rotgrüne Regierung in NRW die Kopfnoten auf den Schulzeugnissen abgeschafft hat. Schlechtes Betragen darf nicht mehr sanktioniert werden.

 Gewalt gegen Polizei 18.November 2016

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/mit-verlaub-keine-freiheit-ohne-sicherheit_aid-18822227

Sehr geehrter Herr Michels,

danke für Ihre klaren Worte. Rot-Grün hatte von jeher ein zwiespältiges Verhältnis zu unseren Ordnungskräften. Sind doch die meisten der heutigen Funktionäre in jener Demo-, Hausbesetzer-, und  Protestszene sozialisiert worden, wo man die Polizisten  gemeinhin als „Bullen“, „Schweine“ oder „Bastards“ bezeichnet hat. Der harte Kern von damals hat den  Marsch durch die Institutionen schon vor Jahren erfolgreich beendet; heute sitzen die Polizistenprügler und Steinewerfer von damals auf den Regierungsbänken.  „All Cops are Bastards“, auf Deutsch: „Alle Bullen sind Schweine“, dieser Spruch ist von deutschen Ämtern und Gerichten ausdrücklich genehmigt und mit dieser üblen Beschimpfung kann man hierzulande ungestraft haussieren gehen und plakatieren.

Es bleibt noch ein weiter Weg, bis hier ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet. Bis dahin werden die Polizisten weiter die „Prügelknaben der Nation“ bleiben.

  Reinhold Michels am 7.10. 2016: Waffenschein

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/kolumne-unser-waffenschein-heisst-fuehrerschein_aid-18349975

Sehr geehrter Herr Michels,

ihrer Diagnose: „Unsere Narreteien sind Rasen und Drängeln“ unter der Überschrift „Führerschein = Waffenschein“   kann ich nicht zustimmen und will das näher begründen:

Seit 1968 bin ich Führerscheinbesitzer für Auto und Motorrad. Bedingt durch berufliche Tätigkeit mit vielen Außenterminen habe ich bis heute annähernd 2 Mio. Kilometer  zurückgelegt. In den letzten zwanzig Jahren waren es durchweg gut motorisierte Dienstwagen. Von daher maße ich mir eine gewisse Kompetenz zur Beurteilung der Situation an.

Tatsächlich haben sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Sitten auf deutschen Straßen in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Bis etwa Anfang der achtziger Jahre herrschte tatsächlich so etwas wie Rodeo per Lichthupe auf den Autobahnen. Wettrennen waren an der Tagesordnung. Man wollte ausprobieren, wer denn nun der schnellere ist: Opel Manta, Opel Commodore, Ford Capri, BMW 1800ti, um nur einige zu nennen.  Reiche Leute fuhren schnelle Auto, Otto Normalo zuckelte hingegen  im VW oder im Opel Kadett gemächlich über die Fahrbahn dahin.  Soziale Differenzierung erfolgte über die erreichbare Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn. Nur folgerichtig, daß dann die SPD ein allgemeines Tempolimit forderte. Vordergründig mit den Argument der Verkehrssicherheit, tatsächlich natürlich zur Triebbefriedigung des Sozialneides auf die schnellen Reichen.  Zu dumm für die Genossen, daß schon damals aus der Statistik ablesbar war, daß die meisten tödlichen Unfälle auf geschwindigkeitsbeschränkten Straßen passieren. Und so gab es denn 1978 als Kompromiss die „Richtgeschwindigkeit“ von 130 km/h. Das war eine Empfehlung und keine verbindliche Vorgabe.

Mitte der Achtziger hatte sich das Bild gewandelt: Die Autos waren dank Windkanal, obenliegender Nockenwellen, Vierventiltechnik  usw. deutlich schneller geworden. Mit einem Golf GTI oder Kadett GSI konnte sich nun jeder Maurerlehrling einen fahrbaren Untersatz  mit Höchstgeschwindigkeiten  jenseits von 200 km/h leisten.  Tempo war nicht länger eine Frage des Sozialstatus.  Niemand brauchte dem anderen mehr etwas zu beweisen; die Rennen verloren ihren Reiz und wurden somit seltener.

Natürlich gibt es auch heute noch Zeitgenossen, welche die deutsche Autobahn mit einem Motodrom verwechseln. Etwa BMW M5  gegen Porsche oder Ferrari gegen Audi RS8.  Aber das Kräftemessen per PS ist seltener  geworden. Warum auch? Über 20% der auf Deutschlands Straßen neu zugelassenen PKW erreichen eine Spitzengeschwindigkeit von 250 km/h und sind abgeregelt.

Dichtes Auffahren, Blinker setzen und Lichthupe: Diese Unsitten haben deutlich nachgelassen und werden zu Recht von Polizei und Gerichten als Nötigung streng geahndet. ES gibt aber auch bedenkliche Entwicklungen: Z.B. die wachsende Zahl rasender Kleintransporter, die mit 180 km/h über die Autobahn fegen. Am Steuer zumeist junge Männer mit wenig Hirn und umso mehr Testosteron.

Zu guter Letzt: Trotz fortschreitender Motorisierung ist die Zahl der Verkehrstoten auf Deutschland Straßen kontinuierlich gesunken. Von über zwanzigtausend  Anfang der Siebziger bis auf etwa viertausend heutzutage. Das ist ein Rückgang um 80%. Ein schöner Erfolg, den wir zum einen dem Fortschritt der Medizin und Technik, aber auch dem veränderten Fahrverhalten zu verdanken haben.

Noch ein Wort zu den zitierten Amerikanern: Unsere Kollegen aus den USA bekamen regelmäßig beim ersten Mal Schweißausbrüche, wenn wir sie von Flieger abholten und dann mit gewohnten deutschen Autobahntempo zur Firmenzentrale chauffierten. Der Schreck hielt allerdings nicht lange an: Für den Wochenendausflug in Germany besorgte man sich dann selber einen Mietwagen, um dann das Gefühl auszukosten ,wie es sich am Steuer jenseits der  in den USA erlaubten 120 km/h (=75 Meilen) anfühlt.  Die Eingewöhnung erfolgte dann sehr schnell.

 Frau Käßmanns Provokationen 9. September 2016

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/frau-kaessmanns-provokationen_aid-18498255

Sehr geehrter Herr Michels,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre klaren Worte in der Causa Käßmann und Ihre treffende Formulierung: „Ein theologisch verbrämtes linkes, grünes, libertäres Weltbild als Ausdruck des Menschseins auf seiner höchstmöglichen Entwicklungsstufe.“  Treffender geht es kaum. Es fällt dem unbedarften Zuschauer ohnehin schwer, zwischen einem evangelischen Kirchentag und einem Parteitag der Grünen zu unterscheiden. Programm und Wortbeiträge sind nahezu identisch.

Was mich betrübt: Laut einer Statistik kommen gerade mal  fünf Prozent aller Kirchenmitglieder für siebzig Prozent aller Kirchensteuereinnahmen auf. Wenn ich unseren Steuerbescheid studiere, dann bin ich mir bewusst, daß meine Frau und ich eben zu jenen fünf Prozent gehören.  Wir hoffen auf die Zeit nach Käßmann.

 Dunkle Wolken über unserer Wohlstands-Insel, RP vom 19.8.2016

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/dunkle-wolken-ueber-unserer-wohlstands-insel_aid-18645823

Sehr geehrter Herr Michels,

im Ergebnis gebe ich Ihnen hundertprozentig recht. Dieses Land befindet sich auf einer abschüssigen Bahn. Allerding hinkt Noltes Vergleich mit den dreißiger Jahren und als Historiker hätte er wissen müssen, daß die Verhältnisse auch nicht annähernd vergleichbar sind. Mein Vater hatte zu jener Zeit Schulkameraden, die auch im Winter barfuß zur Schule kamen. Die Eltern hatten schlichtweg kein Geld um Schuhe zu kaufen. Und das in Kälte des Thüringer Waldes. – Zwölf Jahre zuvor, der Waffenstillstand des Weltkrieges war schon in Kraft, da sind fast eine Million Menschen in Deutschland schlichtweg verhungert.  Eine Episode, die heute kaum noch bekannt ist, aber wichtig, um die geschichtlichen Ereignisse von damals richtig einordnen zu können. Und wer glaubt, daß die „Nordafrikaner“ kein historisches Vorbild hätten, der sollte sich mal mit den Vorkommnissen während der Rheinlandbesetzung vor fast hundert Jahren beschäftigen.

Zur Kritik an inkompetenten Akteuren in der Politik  brauchen wir gar nicht über den großen Teich zu schauen. Bereits vor sechs Jahren erschien hierzulande ein Bestseller: „Deutschland schafft sich ab“. Die dort vorgenommene Analyse ist heute aktueller denn je.  Aber bereits in der Antike wurden den Überbringern schlechter Nachrichten übel mitgespielt. Kassandra lässt grüßen.

Kann man etwas tun? Man kann. Es gibt eine Alternative.  Die Alternative für Deutschland..

 Mit Verlaub: RP vom 12.8.2016: Lehrer und Aggressive Weichlinge

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/nachsitzen-und-strafarbeit-lehrer-und-aggressive-weichlinge_aid-18689773

Sehr geehrter Herr Michels,

Hundertprozentige Zustimmung zu Ihrer gelungenen Kolumne.

Jeder vernünftige Mensch kann nur den Kopf schütteln über das, was sowohl Kuschelpädagogik (Die Schüler dürfen alles, der Lehrer nichts) und Kuscheljustiz (der Täter ist das Opfer, der Geschädigte hat selber Schuld) in den letzten Jahrzehnten in diesem Land angerichtet haben. Diese Posse ist nur eine weitere Episode von vielen,  in denen Staatsversagen offenkundig wird. Rot-Grün hat hier in NRW die Kopfnoten angeschafft. Flegelhaftes Benehmen wird nicht mehr sanktioniert. Kein Wunder, daß inzwischen zwanzig Prozent der Schulabsolventen nicht mehr in eine Lehrstelle vermittelbar sind. Nicht wegen mangelnden Wissens, sondern schlichtweg wegen „Fehlender Sozialkompetenz“. Ein vornehmer Ausdruck für rotzfreches Benehmen, das sich kein Lehrherr gefallen lassen will.  Früher sagte man mal „Kinderstube“. Ein Begriff, der vollständig in Vergessenheit geraten ist.

In Sachen Moral die Schnauze halten! 15. Januar 2016

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/in-sachen-moral-die-schnauze-halten_aid-21234063

 Ich bin ja einiges aus Ihrer Feder gewohnt, aber bei Ihrer Formulierung von „Deutschland, ein träumerisch-aggressives Weltkind“  fragte ich mich allen Ernstes, was Sie da wohl konsumiert und anschließend geträumt haben. Und Sie machen sich zum Schluss ein Zitat zu Eigen: „Wir sollten in Sachen Moral noch eine Zeit lang die Schnauze halten.“  Gut, in Bezug auf die Person  Martin Schulz bin ich sogar geneigt, Ihnen zuzustimmen. Wollte der Herr doch allen Ernstes Kreuze aus dem „öffentlichen Raum“ verbannen. Womit er bei dieser Wortwahl  auch Gipfelkreuze, Wegekreuze, Friedhöfe und Gedenkstätten gemeint haben dürfte.  – Nun ist bekanntlich der Krieg seit über siebzig Jahren vorbei und bald gehen auch die letzten noch überlebenden Landser ein in die ewigen Gefilde.  Wie lange sollen wir, die Nachgeborenen, Kinder und Enkel noch die Schnauze halten?

Ihre Illusion von Churchill als „weitsichtigem Briten“ muß ich relativieren. Noch im September 1937 brachte der nachmalige Kriegspremier in einem Zeitungsartikel zu Papier: „One may dislike Hitler’s system and yet admire his patriotic achievement. If our country were defeated I hope we should find a champion as indomitable to restore our courage and lead us back to our place among the nations.” Das Zitat stammt aus  dem Aufsatz „Friendship with Germany” .  Dieser Text erschien zusammen mit anderen Essays erneut 1939 in dem Buch „Step by Step“. Das Original steht in meiner Bibliothek. Sie können es sich gerne ausleihen.

 Kolumne mit Verlaub vom 11.9.2015: Der Politik tun Visionen gut

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/der-politik-tun-visionen-gut_aid-22049857

Reinhold Michels vergleicht die beiden SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt. Der eine gilt bis heute als Visionär, der andere als Macher. Zu Recht. Der Kolumnist macht indessen aus seiner Sympathie keinen Hehl: Historisch wirkmächtiger sei Brandt gewesen. Einspruch, Euer Ehren! Zum einen: Willy Brandt mangelte es an einer Vision, nämlich der von der deutschen Einheit. Wie sprach er noch im Jahre 1988: „Der Glaube an die Wiedervereinigung  ist die Lebenslüge des deutschen Volkes.“  Dem ebenfalls in der Kolumne erwähnten Egon Bahr ging ebenfalls jede Vorstellungskraft von einer Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ab. Aber eines halten wir  Willy Brandt zugute: Nach dem Ende der DDR hat er sich sehr nachdrücklich für Berlin als Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschland eingesetzt.  Und zwar gegen viele anfängliche Widerstände in seiner Partei.

Noch ein Wort zum Nato-Nachrüstungsbeschluss: Der Autor irrt mit seiner Auffassung, daß Helmut Schmidt daran gescheitert sei. Im Gegenteil: Er hat mit klaren Verstand als einer der ersten die atomare Erpressung Europas durch die Aufstellung neuer Mittelstreckenatomraketen in der UdSSR erkannt und reagiert . Massiv forderte Helmut Schmidt  vom US-Präsidenten Carter eine entsprechende Reaktion.   Die SPD hingegen wollte ihrem Kanzler nicht folgen. So gab Helmut Schmidt  den Staffelstab mittels des konstruierten Misstrauensvotums weiter an Helmut Kohl. Die Sicherheit Europas lag ihm näher am Herzen als das Beharren auf der Kanzlerschaft. Darin zeigt sich wahre historische Größe. Denn Helmut Kohl vollendete das Werk auch gegen den Widerstand der „Friedensbewegten“. In Folge des Nato-Doppelbeschlusses bauten die Sowjets ihre SS20-Atomrakten ab und die USA konnten somit  auf die Stationierung der Pershing in Mitteleuropa verzichten. Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt. So sieht erfolgreiche Friedenspolitik aus. Helmut Schmidt sei Dank.

 Ein Hoch auf Deutschlands Demokratie?  Rheinische Post vom 3.7.2015

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/ein-hoch-auf-deutschlands-demokratie_aid-21884595

Sehr geehrter Herr Michels,

das Thema läßt Ihnen offenbar keine Ruhe. Inzwischen haben Sie uns schon den dritten Aufguß zum Thema „Politikerverachtung“ serviert. Diesmal müßen unsere tätowierten Fußballspieler herhalten als Vergleichsobjekte zu der von Ihnen so hochgeschätzten Politikerkaste. Auf einen Unterschied möchte ich hinweisen: Während unsere Fußballer vor aller Augen wenigstens für zwei Halbzeiten Spitzenleistungen bringen müssen, ergehen sich unsere Damen und Herren Politiker hingegen in selbstgefälligen Darstellungen und Sonntagsreden. Das Parlament ist zum Austragungsort und Schaubühne eines permanenten Wahlkampfes verkommen, dessen Parolen ohnehin niemand mehr ernst nimmt, am wenigsten die Akteure selber. In den allabendlichen Talkshows gehen dann die Selbstinszenierungen weiter. Die eigentliche Arbeit vollzieht sich in den Ausschüssen, und die sind bekanntermaßen nicht öffentlich.  So war Demokratie nicht gemeint. Zur vertiefenden Lektüre zum Thema verweise ich auf die Arbeiten von Professor Hans-Herbert von Arnim, u.a.:

  • Die Deutschlandakte. Was Politiker und Wirtschaftsbosse unserem Land antun, C.Bertelsmann Verlag, München 2008, ISBN 978-3-442-15566-8.
  • Volksparteien ohne Volk. Das Versagen der Demokratie, C.Bertelsmann Verlag, München 2009, ISBN 978-3-570-10011-0.

Wenn unser Land   tatsächlich noch einigermaßen funktioniert, dann liegt das an einer seit Jahrzehnten eingespielten Verwaltung und den Institutionen, aber nicht am Wirken der Politiker. Deren Aktionismus ist eher kontraproduktiv. Beispiel Belgien: Die hatten fast ein Jahr lang keine funktionsfähige Regierung. Das Leben ging einfach weiter.

Ein Wort zu dem von Ihnen zitierten Politologie-Professor Frank Decker: Der hatte vor einigen Jahren sich in einen Interview für die Zeit ausgiebig und kritisch zu Thilo Sarrazins Werk „Deutschland schafft sich ab“ geäußert. In einem persönlichen Briefwechsel bekannte er dann, daß er zu diesem Zeitpunkt das Buch gar nicht gelesen hatte. Ich habe die Geschichte dokumentiert:

https://hansberndulrich.wordpress.com/2011/01/26/briefwechsel-zu-sarrazin/

Thilo  Sarrazin hatte dieser Episode später einen kurzen Abschnitt in seinem Buch „Tugendterror“, Seite 87,  gewidmet.

Schluss mit dem „Geplapper“, wie Sie es nennen.  Irgendwann wiederholen sich die Argumente und es wird langweilig.  Wie wäre es, wenn Sie sich in einer Ihrer nächsten Kolumnen mit den  Wechselwirkungen von  Medien, öffentlicher Meinung und Politik annehmen? Anschauungsbeispiele für die Mechanismen gibt es genug.

 

Gender-Theorie: Beitrag von Reinhold Michels in der RP vom 28.8.2015

https://rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/gender-theorie-und-wohlstandsinsel-deutschland_aid-22017965

Sehr geehrter Herr Michels,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre klaren Worte. Die Gendertheorie wäre in der Tat eine Lachnummer, wenn die Intention der Protagonisten nicht todernst wäre: Nichts weniger  als die Indoktrination eines verqueren Weltbildes. Und dieser Aktionismus trägt reichlich Früchte. Die deutsche Sprache wird bis zur Unkenntlichkeit vergewaltigt. Die  Beispiele aus dem Buch Gender Gaga können noch zahllos fortgesetzt werden. In der Neufassung unserer Straßenverkehrsordnung gibt es keine Fußgänger oder Radfahrer mehr. Statt kennen die Paragraphen nur noch  „zu Fuß Gehende“ oder „Rad Fahrende“ .

Da haben es die Bewohner des englischen Sprachraums besser: Da haben die Substantive keine geschlechtsspezifischen Endungen. „The student“ kann den Studenten, aber auch die Studentin bezeichnen.  Bei uns hingegen heißt es jetzt Studierendensekretariat. Damit ist die Genderklippe umschifft.

Aber auch der alte „Bürgersteig“  hat ausgedient. Zu maskulin. Nun könnte man schön gendergerecht vom „Bügerinnen- und Bürgersteig“ sprechen. Um dieses Monstrum zu vermeiden, ist das alte französische Lehnwort  „Trottoir“ zum neuen Leben erweckt worden.

Ich hätte da noch eine Anregung: Nach unserer deutschen Grammatik ist die Sonne weiblich, der Mond hingegen als männlich bezeichnet. Auch hier könnte sich der eine oder die andere verletzt fühlen. Mein Vorschlag: Taggestirn und Nachtgestirn.

Schluss mit der Politiker-Verachtung? Rheinische Post vom 26.6.2015

https://briefe-von-bernd.blog/2015/08/03/politikerverachtung/

Schluss mit der Politiker-Verachtung! Diese skurrile Forderung stellt der Kolumnist der Rheinischen Post, Reinhold Michels in den Raum. Die  Begründung ist eher dürftig, der  ganze Text scheint  von hilflosem Mitleid geprägt. Hier der ganze Artikel:  http://www.rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/schluss-mit-pauschaler-politiker-verachtung-aid-1.5194006

Das schreit geradezu nach Widerspruch. Und so schreibe ich den folgenden Leserbrief, der nur auszugsweise abgedruckt wurde. Die fortgelassenen Stellen sind kursiv gekennzeichnet:

Warum wir unsere Politiker verachten?

Ganz einfach: Weil sie es verdient haben! Schauen wir uns den Murks doch einmal an: Maut, Mindestlohn, Mietpreisbremse, Maklerverordnung, Frühverrentung. Alles reiner Populismus und gegen den Rat ausgewiesener Experten auf den Weg gebracht!  Die Reihe läßt sich beliebig fortsetzen: Die verkorkste Energiewende, die fehlgeschlagene Eurorettung für die Griechen und so weiter. Das kostet und -zig Milliarden.  Jeder kann sich mal irren und Fehler machen. Aber hier wurde gegen besseres Wissen gehandelt! Die Spatzen pfiffen schon vor fünf Jahren von den Dächern, daß die Griechen niemals ihre Schulden zurückzahlen können. Hier wurde gegen Sinn und Verstand angeblich „alternativlos“ gehandelt:  Allen voran: Frau Dr. Angela Merkel. Die Frau ist bewundernswert; ein Phänomen. In ihrem Kopf allein ist mehr Intelligenz versammelt als am gesamten Kabinettstisch. Warum handelt sie trotzdem bewußt gegen die  Interessen dieses Landes?  Einfache Antwort: Das Kalkül des Machterhaltes.

Aber wir brauchen gar nicht auf die hohe Politik zu schauen. Kommunalpolitiker haben Milliarden versemmelt bei Zinsspekulationen und Leasinggeschäften mit US-Firmen. Keiner, absolut niemand  wurde dafür zur Verantwortung gezogen. Angeblich hätten die verantwortlichen Herrschaften (oder Seilschaften?)  diese Geschäfte nicht verstanden. Es ist für Otto Normalo eine Binsenweisheit, die Finger zu lassen von Geschäften die er nicht versteht. Für die Beachtung dieser einfachsten Regel braucht mein kein Studium der Betriebswirtschaft oder Juristerei!

Gierige Bänker? Dieses Klischee wurde von unseren Politikern gerne unters Volk gebracht. Immer mit dem Finger auf andere zeigen. Aber wer hat denn die meisten Milliarden versenkt? Das waren die von der Politik kontrollierten Landesbanken und öffentlichen Institute! Helaba, WetLB, NordLB, Bayerische Landesbank, KfW, usw.,  usw. Die Aufzählung ist bei weiten nicht vollständig.

Laut Grundgesetz sollten unsere Abgeordneten nur ihrem Gewissen verantwortlich sein. Schön wär‘s. Wir sagte der damalige Kanzleramtsminister Pofalla zu seinem Parteifreund Bosbach: „Hör mir auf mit dieser Sch…!“   Besser konnte er es nicht auf den Punkt bringen.

Aber seien wir ehrlich: Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient. Wir haben sie gewählt. Also dürfen wir uns nicht beklagen.

–Soweit der Text meines Leserbriefes. Reinhold Michels war entsetzt über das vielstimmige Echo auf seine Kolumne. Und so schrieb er einige Tage später:

„Wenn ich diverse Zuschriften zu meiner Kolumne vom vergangenen Freitag („Schluss mit pauschaler Politiker-Verachtung“) richtig interpretiere, kann das Ansehen von Ministern und Parlamentariern gar nicht mehr viel tiefer sinken. Aus nicht wenigen Zeilen (Ausnahmen bestätigten die Regel) quollen wahre Wonnen der Empörung über Politik und Politiker. Man fragt sich: Haben diese Zornbebenden alle Maßstäbe verloren?“

Und weiter schreibt er: „Zur Bundestagswahl 1972, an der 90 Prozent (!) der Wahlberechtigten teilnahmen, hatte die SPD einen treffsicheren Slogan gewählt und dazu ihren Helden, den Kanzler Willy Brandt, gezeigt: „Deutsche, wir können stolz sein auf unser Land!““

http://www.rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/ein-hoch-auf-deutschlands-demokratie-aid-1.5210729

Dieses Stichwort greife ich gerne auf. Der nachfolgende Leserbrief wurde leider nicht mehr zur Veröffentlichung angenommen:

Sehr geehrter Herr Michels,

Oha, das hat gesessen! Von der vielstimmigen Reaktion auf Ihre Kolumne zur Politikerverachtung waren Sie offenbar selber überrascht: „Wahre Wonnen der Empörung“.  Und nun entgegnen Sie uns Miesepetern mit dem Willy-Brandt-Spruch des Jahres 1972: „Wir können stolz sein auf unser Land“.

Abgesehen davon, daß ich die sozialdemokratischen Nuancen des Bundestagswahlkampfs von 1972 etwas anders in Erinnerung habe („Willy wählen!“ oder „Reiner Korn ist mir lieber als Rainer Barzel“) greife ich den Vergleich gerne auf. Sie, Herr Michels, sind ja der gleiche Jahrgang wie ich (1950) und dürften das damalige Jahr noch in guter Erinnerung haben. Der Wiederaufbau des zerbombten Landes war abgeschlossen, Millionen von Flüchtlingen und Kriegsheimkehrern waren gut integriert. Es herrschte Vollbeschäftigung; die Arbeitslosigkeit war deutlich unter einer Million, eine Zahl die später nie wieder unterschritten wurde. Ausländische Arbeitskräfte strömten in großer Zahl ins Land.  Busse und Bahnen fuhren pünktlich; die Post wurde regelmäßig und zuverlässig  jeden Morgen ausgetragen. Schulen und Universitäten wurden in großer Zahl neu gebaut und das Abitur galt noch zu Recht als Ausweis der Studierfähigkeit. Ein Polizist war eine Respektsperson. Bahnhöfe und öffentliche Plätze waren sauber; auf jeder Bahnstation gab es einen Vorsteher. Für eigengenutztes Wohneigentum brauchte von der jungen Familie keine Grunderwerbsteuer berappt zu werden.  Die Mehrwertsteuer lag bei 11%. Rundfunk- und Fernsehgebühr zahlte nur der, der auch ein Empfangsgerät sein eigen nennen konnte.

Ja, man konnte im Jahre 1972 noch stolz sein: Das  Wirtschaftswunder, die starke D-Mark, den hohen Bildungstand seiner Bevölkerung.

Unbekannt waren sowohl als Phänomen als auch als Vokabel: Graffiti, No-Go-Area, Parallelgesellschaft, Langzeitarbeitslose, importierte Kriminalität, Wutbürger. Niemand dachte im Traum an das Verhökern von öffentlicher Infrastruktur an ausländische Heuschrecken oder Währungsspekulationen mit Steuergeldern durch städtische Kämmerer.

Es war ein SPD-Kanzlerkandidat, der in späteren Jahren  typisch deutsche Eigenschaften von damals wie Sparsamkeit, Fleiß, Sauberkeit, Ordnungsliebe abqualifizierte als „Sekundärtugenden“, mit denen man auch „ein KZ betreiben könne“.  Der weitere Fortgang ist bekannt.

Und heute? Ich brauche das ganze wohl nicht weiter auszuführen, die obigen Beispiele genügen. Ein Tipp:  Schauen Sie sich doch heute mal eine Schule an. Vergleichen sie nur die Räumlichkeiten, die Turnhalle, die Pausenräume, die Fassade und vergleichen sie mit damals.  Trotz höchster Belastungen der Bürger mit Steuern und Abgaben verrottet die Infrastruktur.  Richtig ist: Es ist dem heutigen Politikern noch nicht ganz gelungen, das Land zugrunde zu richten. Einige  Beharrungskräfte sind doch noch zu stark.  Stolz auf was? Heute ist wohl  eher Fremdschämen angesagt. Ich schäme mich für unsere Politiker.

Aber seien wir nicht ungerecht: Es liegt nicht nur an den handelnden Personen, es liegt auch am System. Hier muß sich unsere repräsentative Demokratie hiesiger Ausprägung durchaus die Systemfrage gefallen lassen. Schauen wir mal rüber in die Schweiz: Niemand würde den Eidgenossen absprechen, daß sie in eine demokratischen Staatsform leben. Die typisch Schweizer Tugenden wie Fleiß, Sauberkeit und Ordnung waren auch Eigenschaften, die man idealerweise uns Deutschen zugeschrieben hat. Ein kleines Beispiel für politische Kultur: In Zürich wird ebenso wie in Stuttgart der Bahnhof ins Unterirdische verlegt. In der Schweiz gab es darüber eine Volkabstimmung; die Mehrheit befürwortete das Projekt. Seitdem können dort die Bauarbeiten  ungestört vonstattengehen.

Ich wünsche mir, daß ich wieder stolz sein könnte auf dieses Land. Es ist etwas faul in diesem Staate. Nicht in Dänemark. Hier bei uns. In Deutschland.

RP vom 20.2.2015: Die verlogenen Alt-68er

https://rp-online.de/politik/die-verlogenen-alt-68er_aid-21593815

https://briefe-von-bernd.blog/2012/05/13/leserbriefdebatte-in-der-faz-linksliberale-wendungen-kollektivschuld-und-die-achtundsechziger/

 Reinhold Michels sei Dank, daß er die Selbstbeweihräucherung der Alt-68-er kritisch aufs Korn nimmt. Tatsächlich ist die Bilanz der Lebensleistung dieser Möchtegern-Revoluzzer  ziemlich kläglich. Denn sie müssen sich nun mal messen lassen an der Leistung ihrer Altvorderen.

Es waren ihre Eltern, die nach dem Krieg dieses  zerstörtes Land wieder aufgebauten,  Millionen von Vertriebenen ein neues Dach über den Kopf gaben  und sogar die Eingliederung der Kriegsversehrten in die Arbeitswelt bewältigten. Obendrein: Wirtschaftswunder und Vollbeschäftigung!  Davon konnten die 68-er, die nach dem erfolgreichen Marsch durch die Institutionen schließlich an die Schalthebel der Macht gelangten, nur noch träumen.  – Aber da ist doch noch die sexuelle Befreiung, die Überwindung herkömmlicher Rollenbilder, deren sich die 68-er noch heute so gerne rühmen? Falsch!  Diese gesellschaftliche Entwicklung haben wir der Erfindung zweier amerikanischer Forscher zu verdanken. Denn Mitte der sechziger Jahre kann die „Antibaby-Pille“ auf den Markt.  Damit wurde den Frauen ein sexuell selbstbestimmtes Leben möglich.  Der Rest ist Geschichte. – Übrigens: Die Wiedervereinigung erwischte die 68-er sämtlich auf dem falschen Fuß. Die meisten lehnten sie rundheraus ab. „Nie wieder Deutschland“, so lautete damals eine gängige Parole. – Heute, fünfundzwanzig Jahre später, ist es an der Zeit, den selbstgebastelten  Mythos dieser Gruppe zu entzaubern und einen unbefangenen Blick auf das tatsächlich Erreichte zu werfen. Und das ist eher kümmerlich.

Aus dem Text der Kolumne von Reinhold Michels: Romantisierende Reminiszenzen bekennender 68er an ihre Generation, die angeblich an der Schuld ihrer Eltern und Großeltern schier verzweifelte, sind verlogen.

 Hierzu eine Bemerkung zur Entstehungsgeschichte dieser Geistesströmung:

Kollektivschulddebatte und Achtundsechziger, wie kam das zusammen?

Der Jugendprotest gegen Herrschaft und Überzeugungen der älteren Generation war kein auf das bundesrepublikanische Deutschland beschränktes Phänomen. In Paris und Rom gab es zur selben Zeit die berüchtigten gewalttätigen  Mai-Unruhen. In Detroit brannten im Jahr zuvor ganze Straßenzüge nieder.   Die bundesdeutschen Achtundsechziger hatten indessen im Aufbegehren gegen die Elterngeneration einen unschätzbaren Waffenvorteil: Die Nazikeule.  Mit aus dem Brustton der Überzeugung vorgebrachten Schlachtruf: „Ihr habt uns gar nichts zu sagen, denn Ihr seid ja allesamt die Judenmörder!“  wurde jede Auseinandersetzung gewonnen.  Die Einrede des Nichtwissens überzeugte die revolutionären Besserwisser nicht: „Wenn sechs Millionen umgebracht wurden, dann müsst  Ihr das gewusst haben!“  Damit war den Älteren jedes Argument aus der Hand geschlagen, sie waren wehr- und ehrlos. So galten denn auch die althergebrachten  traditionellen Tugenden wie etwa Pflichtgefühl, Gehorsam, Vaterlandsliebe usw.  plötzlich nichts mehr. Der spätere Kanzlerkandidat der SPD von 1990 brachte es auf den Punkt, wenn er Helmut Schmidt mit den Worten abkanzelte:  „Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. Damit kann man auch ein KZ betreiben.“ Nebenbei bemerkt: Der ehemalige Wehrmachtsoffizier  und Altkanzler Helmut Schmidt beharrt bis heute darauf, während des Krieges vom Holocaust nichts mitbekommen zu haben.

Längst haben die Achtundsechziger den Marsch durch die Institutionen vollendet. Auch in den Amtsstuben der Kultusbürokratie haben sie sich wohnlich eingerichtet. Anstatt dort Däumchen zu drehen und auf die Pensionierung zu warten fühlen sie sich ihren alten ideologischen Überzeugungen verpflichtet. Und so  schreiben sie Geschichts- und Lehrbücher in ihrem Sinne um. So etwa in dem aktuellen Standardwerk des Cornelsen-Verlages für den Geschichtsunterricht in der Oberstufe. Da ergeht auf Seite 462 die Aufforderung an die Lernenden:

Erarbeiten Sie … welche Informationen über die Judenvernichtung zu welchem Zeitpunkt vermutlich in Deutschland bekannt waren.

Einzige Quelle für die Schüler :  Eine ganzseitige  Zusammenstellung von Zitaten aus dem tendenzbehafteten Werk von  Peter Longerich:“ Davon haben wir nichts gewusst“ .

Ich habe vor einigen Monaten den Cornelsen-Verlag auf diese didaktische Schlampigkeit (vermutlich!) aufmerksam gemacht. Hier die offizielle Antwort, mir mitgeteilt am 25.10.2011:

Das Kursbuch Geschichte – Ausgabe Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern – wurde auf der Basis der Lehrpläne dieser drei Bundesländer konzipiert. Auswahl und Gewichtung der Themen folgen dabei den Vorgaben der von den jeweiligen Kultusministerien erlassenen Lehrpläne. Zusätzlich durchlief das Kursbuch ein ministerielles Prüfungsverfahren, an dem sowohl die Fachbeamten des Ministeriums als auch unabhängige Gutachter beteiligt waren. Es gab keinerlei Beanstandungen und das Lehrwerk wurde für den Gebrauch im Unterricht an den Gymnasien genehmigt.

Es bleibt die Hoffnung, daß künftige, unbefangene Generationen von Historikern die Dinge wieder gerade rücken. Und den Achtundsechzigern den ihnen gebührenden Platz in den Geschichtsbüchern zuweisen.

Text aus:  https://hansberndulrich.wordpress.com/2012/05/13/leserbriefdebatte-in-der-faz-linksliberale-wendungen-kollektivschuld-und-die-achtundsechziger/

Leserbrief zum Artikel in der RP vom 28.5.2014: Wenn die Demokratie zersplittert ..

https://briefe-von-bernd.blog/2014/06/01/sieben-auf-einen-streich/

Sieben auf einen Streich! Sieben kleine deutsche Parteien können jeweils einen Abgeordneten ins Europaparlament entsenden. Herzlichen Glückwunsch! Ich freue mich! Das weinerliche Lamento bei Altparteien und Medien ist zwar verständlich, aber unangebracht und zudem unehrlich. Mal wird eine Lahmlegung des Parlamentes in Brüssel durch „Zersplitterung“ herauf beschworen, dann wieder  werden Parallelen zum Untergang der  Weimarer Republik gezogen. Beides geht meilenweit am Thema vorbei. Im jetzigen Europa-Plenarsaal sind  jetzt schon über 160 Parteien vertreten, da machen sieben weitere Gruppierungen das Kraut auch nicht mehr fett.  Oder die Krauts, wie die Engländer sagen würden. Bereits  heute sind  über 700 Abgeordnete im Europaparlament versammelt, da werden die weiteren fünf Männer und zwei Frauen der kleinen Parteien nicht allzu viel Schaden anrichten können. Überhaupt, welchen Schaden? Die Europaparlamentarier, von manchen  Zeitgenossen gerne auch als „Europäischer Wanderzirkus“ wegen der alljährlichen  Rotation zwischen Straßburg und Brüssel bezeichnet, haben weder Gesetzgebungs- noch Entscheidungskompetenz. Denn die  liegt nach wie vor beim Ministerrat. So sehr es die hochbezahlten Abgeordneten auch schmerzen mag: Sie haben nur beratende Funktion. Und das ist gut so.

Der Vergleich von Brüssel des Jahres 2014 mit Weimar anno 1933 ist absurd. Denn die damalige Reichsdeutsche Republik ging nicht  zugrunde an kleinen Parteien, sondern an großen Problemen wie der Weltwirtschaftskrise, den Zumutungen des Versailler Vertrages und letztlich daran, daß die Feinde der Demokratie, nämlich die Kommunisten und Faschisten, über eine absolute Mehrheit im Reichstag  verfügten. Das Ende wurde besiegelt durch Hitlers Staatsstreich, dem „Ermächtigungsgesetzes“  in Folge  des Reichstagsbrandes zur angeblichen Abwehr eines kommunistischen Umsturzes.  Ein derartiges Szenario ist heute Gottseidank undenkbar.

Freuen wir uns also auf frischen Wind in Brüssel!

 Samstagsausgabe der RP vom 19.4.2014: „Politischer Mut zahlt sich aus“ von Reinhold Michels

https://rp-online.de/politik/politischer-mut-zahlt-sich-aus_aid-20429425

Sehr geehrter Herr Michels,

neben Adenauer, Brandt und Kohl hätte Helmut Schmidt Erwähnung verdient.

Denn vor allem Helmut Schmidt gehört Respekt für die  Standhaftigkeit  und den Mut, seine Überzeugungen auch gegen die eigene Partei und dem friedensbewegten  Zeitgeist durchzusetzen. Stichwort: Nato-Doppelbeschluss. Erinnern wir uns: In den siebziger Jahren startete die Sowjetunion eine gewaltige Raketenaufrüstung mit der gegen Westeuropa gerichteten Mittelstreckenraketen SS-20. Ziel der Kreml-Machthaber war es, Europa von den USA zu trennen und letztlich dem Einflussbereich der UdSSR unterzuordnen. In der wohl richtigen Annahme, daß die USA nicht die eigene Vernichtung riskieren würden um Europa zu retten. Der vormalige  Verteidigungsminister und damalige Kanzler Helmut Schmidt  erkannte als einer der ersten die drohende Gefahr.  Nicht nur den eigenen Genossen, selbst dem unwilligen USA-Präsidenten Jimmy Carter musste kräftig  und lautstark der Marsch geblasen werden. Gegen alle Widerstände aus den eigenen Reihen  setzte er schließlich mit den Verbündeten den Nato-Doppelbeschluss durch. Damit wurde die Absicht des Ostens zunichte; es reifte im Kreml die Einsicht, daß das Wettrüsten gegen einen entschlossenen Westen nicht zu gewinnen war.  Die Folgen sind bekannt: Perestroika.  Helmut Schmidt hatte maßgeblichen Anteil an dieser historischen Weichenstellung. Seine Partei hat es ihm bis heute nicht gedankt.

20.1.2012: Treffen des Grauens: 70 Jahre Wannsee-Konferenz

https://briefe-von-bernd.blog/2012/04/25/leserbrief-zum-artikel-in-rp-am-20-1-2012-70-jahre-wannsee-konferenz/

in dem ansonsten sehr lesenswerten Artikel schreibt Reinhold Michels im Bezug auf die „Judenfrage“: „Schon in seinem berüchtigten Buch „Mein Kampf“  …. Machte Hitler seine Absicht klar, „dieses Volk von der Erde verschwinden zu lassen“.

Diese Aussage ist falsch. Hitlers Buch „Mein Kampf“ ist zweifeillos eine antisemitische Schrift, indessen findet sich eine entsprechende Textpassage weder wörtlich noch sinngemäß in dem gesamten Werk. Auch ist mir keine öffentliche Rede von Hitler vor 1939 bekannt, in der diese Formulierung auftaucht.

Ich lege deshalb Wert auf diese Feststellung, weil man unseren Eltern und Großeltern gerne unterstellt, Sie hätten bei genauer Lektüre von Hitlers Buch durchweg alle wissen müssen,  was den Juden bevorsteht. Dem ist nicht so.  Wie der Artikel in der RP richtig beschreibt, wurde die „Endlösung“ erst 1942 in der Wannsee-Konferenz beschlossen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie dies in einer Ihrer nächsten Ausgaben klarstellen.

22.1.2012 Brief an einen Freund: ich will noch mal eins draufsetzen:

Der gleiche Artikel wie in der Print-Ausgabe war auch in RP-Online:

http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/treffen-des-grauens-1.2679293

Dieser Artikel konnte online kommentiert werden. Ich habe also noch am Freitag einen dem Leserbrief wortgleichen Kommentar eingestellt. Heute (Sonntag) schaue ich mal nach, und siehe da, die Kommentarfunktion ist abgeschaltet und somit mein Beitrag  nicht mehr sichtbar.

 

 

 

 


One Comment on “Mit Verlaub: Reinhold Michels zum Abschied”


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